Rennen um Präsidentschaft

US-Wahl: Was passiert, wenn weder Harris noch Trump die Mehrheit holt?

Beide Kandidaten liefern sich seit Wochen ein Kopf-an-Kopf-Rennen in Umfragen. Es wird bei der Präsidentschafts-Wahl am 5. November so knapp wie nie.

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Die demokratische US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris (l.) und ihr Herausforderer der Republikaner, Donald Trump, liegen in Umfragen fast gleichauf.
Die demokratische US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris (l.) und ihr Herausforderer der Republikaner, Donald Trump, liegen in Umfragen fast gleichauf.Martin/Nikhinson/dpa

Die Wahl des neuen US-Präsidenten oder der ersten US-Präsidentin der Geschichte rückt immer näher. Kurz vor dem Wahltag am 5. November ist das Ergebnis absolut offen. Donald Trump und Kamala Harris liefern sich seit Wochen ein Kopf-an-Kopf-Rennen, es ist so knapp wie nie zwischen den Anwärtern. Aber was passiert eigentlich, wenn am Ende Harris und Trump gleichauf liegen? Tritt dieser Fall ein, hätte Donald Trump die Nase vorn – aus einem besonderen Grund …

Wer ins Weiße Haus einzieht, bestimmen die Wähler und letztlich die 538 Wahlleute, wie es das US-Wahlrecht vorsieht. Wer die Mehrheit dieser Wahlleute aus allen Bundesstaaten hinter sich bringt, also 270 Stimmen, ist der neue Präsident oder die neue Präsidentin der größten Volkswirtschaft der Welt. Doch so knapp, wie die Umfragen das Rennen zwischen Harris und Trump sehen, könnte es in diesem Jahr tatsächlich zu einem Patt von 269 zu 269 kommen. Für dieses nur theoretisch mögliche Szenario hat die US-Verfassung vorgebaut. Dann wandert die Entscheidung ins US-Repräsentantenhaus, der zweiten Kammer des US-Kongresses neben dem Senat.

US-Parlament bestimmt den Sieger oder die Siegerin

Im Repräsentantenhaus, dem US-Parlament, kommen 435 Abgeordnete aus den Bundesstaaten proportional der jeweiligen Bevölkerungsgröße zusammen, also zum Beispiel 1 Abgeordnete aus Alabama oder 52 aus Kalifornien. Bei einer Präsidentenwahl müssen sich alle Repräsentanten eines der 50 Staaten auf einen Kandidaten einigen. Das heißt: Präsident oder Präsidentin wird, wer 26 Delegationen für sich gewinnt.

Dabei hätten die Republikaner um Trump aktuell einen Vorteil: Derzeit kontrollieren sie 26 sogenannte Delegationen, die Demokraten um Harris 22. In zwei Staaten (Minnesota und North Carolina) hält es sich die Waage. Doch am Dienstag werden auch alle Sitze des Repräsentantenhauses neu gewählt. Nach einer Analyse des Portals „538“ des US-Senders ABC könnte sich der Vorsprung des Trump-Lagers dann sogar noch vergrößern.

In Umfragen vom 1. November liegt Kamala Harris hauchdünn mit einem Prozentpunkt vorn. Reicht das zum Sieg gegen Donald Trump?
In Umfragen vom 1. November liegt Kamala Harris hauchdünn mit einem Prozentpunkt vorn. Reicht das zum Sieg gegen Donald Trump?dpa-infografik/dpa

Senat bestimmt den Vizepräsidenten

Bei einem Gleichstand der Wahlleute würde ein ähnlicher Prozess darüber entscheiden, wer Vizepräsident wird - in diesem Fall Demokrat Tim Walz oder Republikaner J.D. Vance. Die Entscheidung fällt allerdings im US-Senat. Jede und jeder der 100 Senatorinnen und Senatoren hat eine Stimme. Der Kandidat, der 51 Stimmen erhält, gewinnt. Weil es sich bei den Wahlgängen im Repräsentantenhaus und im Senat um unabhängige Abstimmungen handelt, ist es theoretisch sogar möglich, dass am Ende Präsident und Vize verschiedenen politischen Parteien angehören.

Unter den aktuell gültigen Regeln gab es ein solches Szenario für das Amt des Präsidenten nur ein Mal: Bei der Wahl 1824 holte keiner der vier Kandidaten die Mehrheit der seinerzeit 131 von 261 Stimmen im Electoral College. Das Repräsentantenhaus musste dann zwischen den drei Bestplatzierten entscheiden. Außenminister John Quincy Adams gewann im Februar 1825 die damalige Mehrheit von 13 Delegationen und wurde der sechste US-Präsident. ■