Immer mehr Berichte
UN-Schreiben an Moskau: Russen foltern Zivilisten und Kriegsgefangene
UN-Sonderermittlerin macht russischen Truppen schwere Vorwürfe: „Ständig und absichtlich schwere körperliche und psychische Schmerzen und Leiden“.

In den sozialen Medien war ein grauenvolles Video umgegangen, das die Kastration eines ukrainischen Kriegsgefangenen durch russische Soldaten zeigte. In zurückeroberten Gebieten ihres Landes fanden die Ukraine diverse Folterkeller, aber schon kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 war über Folter und Mord in der Umgebung Kiews berichtet worden. Jetzt hat die UN-Sonderberichterstatterin für Folter, Alice Jill Edwards, gegenüber Moskau diplomatisch verbrämt ihre „Besorgnis“ über Berichte und Zeugenaussagen geäußert, dass russische Streitkräfte Zivilisten und Kriegsgefangenen „ständig und absichtlich schwere körperliche und psychische Schmerzen und Leiden zufügen“.
Diese Folter werde vermutlich durchgeführt, um inhaftierten Personen Informationen zu entlocken oder Geständnisse zu erzwingen, oder wegen ihrer früheren Mitgliedschaft oder Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte, schrieb Edwards an die russische Regierung.
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Schläge, Elektroschocks, Scheinhinrichtungen
„Zu den mutmaßlichen Praktiken gehören Elektroschocks, Schläge, Vermummungen, Scheinhinrichtungen und andere Morddrohungen“, sagte die Expertin.
Die Vorwürfe beziehen sich auf die Inhaftierung ukrainischer Zivilisten und Kriegsgefangener, die unter völlig unzulänglichen Bedingungen in Einrichtungen der russischen Streitkräfte in der Ukraine festgehalten werden.
In dem Brief, den sie gemeinsam mit anderen unabhängigen UN-Experten verschickte, schrieb Edwards, dass Dauerhaftigkeit und Methoden der mutmaßlichen Folter „ein Maß an Koordination, Planung und Organisation sowie die direkte Genehmigung, bewusste Politik oder offizielle Duldung durch höhere Behörden“ nahelegten.

„Folter ist ein Kriegsverbrechen, und die systematische oder weit verbreitete Anwendung von Folter stellt ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar.“ Der Bezug auf die Anklagen bei den Nürnberger Prozessen 1945/46 gegen die Naziführer ist deutlich.
Berichten zufolge erlitten viele Opfer aufgrund von Folter, Misshandlung und schlechten Haftbedingungen physische und psychische Traumata, Halluzinationen, Schäden an inneren Organen, Knochenbrüche, extremen Gewichtsverlust und Sinnesstörungen sowie motorische Ausfälle, Schlaganfälle oder die Verschlimmerung chronischer Krankheiten, berichtet die UN-Expertin.
Kriegsgefangene ohne medizinische Hilfe
Die mangelhafte Ernährung zeigte sich gerade bei einem Schauprozess in Rostow am Don, in dem im Mai 2022 gefangen genommene Verteidiger des Stahlwerks in Mariupol angeklagt sind – acht Frauen und 14 Männer.
Berichten zufolge hatten die meisten Personen während ihrer Haft keinen Zugang zu angemessener medizinischer Hilfe, schreibt Edwards weiter und erklärt, dass mit dem andauernden Krieg immer mehr Folterberichte auftauchten. „Solche Grausamkeiten schüren die Feindseligkeit und schädigen die künftigen Hoffnungen auf Frieden und Versöhnung zwischen Nachbarn. Ich fordere die zuständigen Behörden dringend auf, sicherzustellen, dass Zivilisten und Kriegsgefangene jederzeit geschützt und menschlich behandelt werden.“
Die Sonderberichterstatterin plant, später in diesem Jahr die Ukraine für Ermittlungen zu besuchen.