Neue Hoffnung in Israel

Mutter von zwei Töchtern hofft auf Geisel-Abkommen

Maajan Sin, deren beide Töchter von der radikalislamischen Hamas in den Gazastreifen verschleppt wurden, hofft, dass das Geisel-Abkommen ihre Kinder zurückbringt.

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Israelis protestieren vor dem Stützpunkt Kirya der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte. Sie verlangen die sofortige Freilassung der von der palästinensischen Terrororganisation Hamas entführten Geiseln.
Israelis protestieren vor dem Stützpunkt Kirya der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte. Sie verlangen die sofortige Freilassung der von der palästinensischen Terrororganisation Hamas entführten Geiseln.Ilia Yefimovich/dpa

„Die Nachricht von dem Abkommen hat mich so aufgewühlt, dass ich einen Hexenschuss bekommen habe“, berichtet Maajan Sin. Sie hat Schmerzen beim Gehen und sieht völlig erschöpft aus.

Wenige Stunden, nachdem die israelische Regierung in der Nacht zum Mittwoch einem Abkommen mit der Hamas über die Freilassung von Geiseln im Gegenzug für eine Feuerpause zugestimmt hat, versucht die Mutter der achtjährigen Ela und der 15-jährigen Dafna Eljakim ein vorsichtiges Lächeln.

Die Vereinbarung sieht vor, dass 50 der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln im Austausch gegen 150 in israelischen Gefängnissen sitzende Palästinenser freikommen.

Einziges Lebenszeichen ihrer Tochter ist ein auf Telegram veröffentlichtes Foto

Seit die Übereinkunft bekannt ist, erlaubt sich Maajan Sin erstmals seit Wochen Träume von einem „Danach“. In ihren „optimistischsten Träumen“ malt sie sich den gemeinsamen Mittagsschlaf mit Ela aus und ausgedehnte Shopping-Touren mit Dafna, um „Crop-Tops, Miniröcke, Absatzschuhe und künstliche Fingernägel in Knallgelb“ zu kaufen, erzählt die Mutter in ihrer Wohnung in einem Vorort von Tel-Aviv.

Das einzige Lebenszeichen von ihren Töchtern ist ein am 8. Oktober von der Hamas im Onlinedienst Telegram veröffentlichtes Foto, das Dafna auf einer Matratze sitzend zeigt, ihre typische Teenager-Kleidung getauscht gegen einen Schlafanzug, und mit dem Kommentar versehen: „Gebetskleidung wäre besser“. Dafnas Nasenring ist auf dem Foto verschwunden.

Ela und Dafna wurden am 7. Oktober aus einem Kibbuz verschleppt

„Vorgestern hatte ich nichts, woran ich mich klammern konnte. Ich tappte völlig im Dunklen. Jetzt gibt es einen kleinen Hoffnungsschimmer, der mich wärmt. Ich warte“, sagt Maajan Sin.

Ela und Dafna wurden am 7. Oktober aus dem Kibbuz Nahal Os nahe der Grenze zum Gazastreifen verschleppt, wo sie das jüdische Sukkot-Fest bei ihrem Vater verbrachten, dem Ex-Mann von Maajan Sin. Der Vater wurde von den Hamas-Angreifern getötet, ebenso seine Lebensgefährtin Dikla und deren Sohn Tomer. Ihre Leichen wurden auf einem Feld gefunden.

Hoffen auf ein friedliches Ende:  Eine israelische Frau demonstriert für die Freilassung der Geiseln.
Hoffen auf ein friedliches Ende: Eine israelische Frau demonstriert für die Freilassung der Geiseln.Ilia Yefimovich/dpa

Auch wenn das Abkommen über die Freilassung von 50 der etwa 240 durch die Hamas verschleppten Geiseln Maajan Sin Hoffnung macht, bleibt sie vorsichtig. Die Namen der Frauen und Kinder, die freikommen sollen, sind noch nicht bekannt, ebenso wenig wie das Datum ihrer Freilassung, die nach und nach in Gruppen erfolgen soll.

„Ich habe Angst, enttäuscht zu werden. Ich will mich nicht auf ihre Freilassung am Donnerstag einstellen und dann feststellen, dass es andere Geiseln sind, die zurückkehren“, sagt die Mutter.

Maajan Sin achtet nur auf Informationen, die direkt von den israelischen Behörden stammen

„Und ich will auch nicht, dass ich enttäuscht bin, wenn andere Leute zurückkehren. Ich will in der Lage sein, mich für sie zu freuen.“ Maajan Sin achtet jetzt nur auf die Informationen zur Geiselfreilassung, die direkt von den israelischen Behörden stammen: „Wenn ich sämtliche Details in den Medien verfolgen würde, würde ich zusammenbrechen.“

Angst hat die Mutter auch davor, in welchem Zustand Ela und Dafna sein werden, wenn sie sie wiedersieht. Sie fürchtet, dass die Mädchen traumatisiert sein werden: „Vielleicht werden sie kein Wort herausbringen“. Sie fragt sich, wie sie mit ihren Töchtern sprechen soll: „Was darf ich sie fragen, wie soll ich sie fragen, wie oft soll ich sie fragen - oder soll ich besser gar nichts fragen?“ überlegt sie. „Ich weiß ja nicht, was mit ihnen passiert ist während ihrer Gefangenschaft.“