Es brodelt hinter den Kulissen

Wahl-Verlierer: Klatsche für Merz – und ein dringend nötiger Rücktritt

Was die Parteien aus dem Wahltag lernen sollten – und wer jetzt CDU-Kanzlerkandidat werden könnte. Ein Kommentar. 

Author - Michael Heun
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Wahlverlierer: Nancy Faeser, Friedrich Merz, Markus Söder und Christian Lindner.
Wahlverlierer: Nancy Faeser, Friedrich Merz, Markus Söder und Christian Lindner.dpa (2), Imago (2)

Bayern und Hessen haben gewählt – und der Politik damit einige deutliche Hinweise in ihr Hausaufgabenheft geschrieben. Die gilt es jetzt zu beachten, will man den eigenen Absturz nicht noch forcieren.

Rhein siegt auch gegen Merz

Neben der AfD heißt der strahlende Sieger des Wahl-Sonntags Boris Rhein. Und mit ihm sein hessischer Kurs des Miteinanders, des Anti-Populismus. Gleichzeitig ist CDU-Chef Friedrich Merz mit seiner Anbiederung an Rechts- außen und seiner Anti-Grünen-Ausrichtung krachend gescheitert.

Im Wahlkampf hatte ihm Rhein mehrfach widersprochen – immer freundlich und doch eindeutig. Mit den Grünen als Koalitionspartner und in klarer Abgrenzung nach rechts hat er auch gegen Merz einen überragenden Wahlerfolg erzielt. Es ist eindeutig: Nicht die Grünen sind die Gegner der Union. Es ist die AfD, die erneut kräftig zulegen konnte.

Hat als Hessen-Wahlsieger allen Grund zur Freude: Boris Rhein (CDU).
Hat als Hessen-Wahlsieger allen Grund zur Freude: Boris Rhein (CDU).Lando Hass/dpa

Söder wird nicht Kanzlerkandidat

Markus Söder hat den gleichen Fehler gemacht. Die Versuchung, in den bayerischen Bierzelten mächtig auf die populistische Pauke zu hauen, war offenbar zu groß. Nun muss er sich die Stimmen der angesprochenen Klientel mit Freien Wählern und AfD teilen. Söder weiß, dass 37 Prozent zu wenig sind, um erneut Kanzler-Ansprüche anzumelden. So ist er gut beraten, sich als Lokalpatriot zu gerieren und sich als bayrischer Ministerpräsident zu bescheiden.

Söder weiß aber auch, dass Merz die falsche Wahl wäre. Vieles deutet jetzt darauf hin, dass er NRW-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst als Kanzlerkandidat unterstützen könnte.

Gehört zu den Wahlverlieren: CDU-Chef Friedrich Merz.
Gehört zu den Wahlverlieren: CDU-Chef Friedrich Merz.Christof Stache/AFP

Das Scheitern des Christian Lindner

Lernen aus einem desaströsen Wahlergebnis muss auch dringend die FDP. Ihr Debakel ist in erster Linie das Scheitern von Christian Lindner und seinem Konfrontationskurs. Der Versuch, Opposition in der Regierung zu sein, an der man doch beteiligt ist, funktioniert nicht. Die Wähler wollen eine Koalition, die zusammenarbeitet. Zu glauben, man könne das Profil der FDP schärfen, indem man bei jedem Vorhaben erst einmal laut widerspricht, ist ein fataler Irrtum.

Macht Lindner so weiter, treibt er seine Partei aus den deutschen Parlamenten und die Ampel in den endgültigen Ruin. Von seiner eigenen Karriere gar nicht zu reden.

Mit seinem Kurs gescheitert: Christian Lindner (FDP).
Mit seinem Kurs gescheitert: Christian Lindner (FDP).Andreas Arnold/dpa

Nancy Faeser muss zurücktreten

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat am Wahlabend vor allem eine Chance verpasst: nämlich von ihren Ämtern zurückzutreten. 15 Prozent sind ein katastrophales Ergebnis. Nach den Wirren der letzten Wochen trauen ihr die Wähler nicht mehr. Faeser ist zur Belastung geworden für die SPD. Das wissen alle in der Partei. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit...

Wollen Olaf Scholz und SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert verhindern, dass ihre Partei ins Bodenlose abstürzt (siehe Wahl-Ergebnis in Bayern), muss sich die SPD jetzt vom Zauderer zum mutigen Gestalter mausern. Die Migration und die militärische Stärkung Deutschlands sind Themen, die grundsätzliche Weichenstellungen brauchen. Auch wenn man dabei mal keine begeisterte Zustimmung bekommt. Dass es lange keinen Kanzler gab, der die eigene Politik so schlecht erklärt, macht es für die SPD nicht leichter.

Nancy Faeser (SPD) sollte zurücktreten.
Nancy Faeser (SPD) sollte zurücktreten.Boris Roessler/dpa

Die Grünen sind der stabile Faktor

Vor machen es der SPD die Grünen. Die haben zuletzt wohl die heftigsten Prügel einstecken müssen und sie haben bei den Wahlen auch verloren. Trotzdem erweisen sie sich als stabiler Faktor um die 15 Prozent. Und das, obwohl oder vielleicht sogar weil sie in Kernfragen wie der Friedenspolitik oder Energieversorgung die Grundsätze ihrer Partei zu korrigieren bereit waren. Mit diesem Kurs werden sie auch bestehen, wenn Sie von anderen Parteien zum Hauptfeind erklärt werden.