Neue Vorwürfe

Gab FDP-Chef Christian Lindner selbst das „D-Day“-Papier in Auftrag?

Von wegen nichts gewusst? Lindner persönlich soll einen Plan zum Ampel-Aus angefordert haben. Wie lange kann er sich noch an der FDP-Spitze halten?

Author - Stefan Doerr
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FDP-Chef Christian Lindner steht seit Bekanntwerden des „D-Day“-Papiers unter Druck.
FDP-Chef Christian Lindner steht seit Bekanntwerden des „D-Day“-Papiers unter Druck.Bernd von Jutrczenka/dpa

Die FDP kommt wegen des Skandals um das „D-Day-Papier nicht aus den Schlagzeilen. In einer Ipsos-Umfrage rutschten die Liberalen mit 3 Prozent weit unter die Fünf-Prozent-Hürde für den erneuten Einzug in den Bundestag bei der Neuwahl am 23. Februar. Und nun wird es auch für FDP-Chef Christian Lindner immer enger. Es gibt erneut Unklarheiten darüber, was er von den Plänen zum Ampel-Aus wusste!

Denn bisher hat der ehemalige Finanzminister stets beteuert, er habe das „D-Day“-Papier „nicht zur Kenntnis genommen“. In der ARD-Sendung von Caren Miosga präzisierte er: „Ich habe es nicht gekannt.“ Doch stimmt das tatsächlich? Wie nun bekannt wurde, hat der FDP-Chef weit mehr mit dem Ausstiegsplan zu tun als er zugeben will und das politische Berlin fragt sich: Wie lange kann sich Lindner noch an der FDP-Spitze halten?

Gab Lindner Ende September den Auftrag?

Lindner selbst soll die Erstellung eines Plans für einen Bruch der Ampel-Koalition in Auftrag gegeben haben. Das berichtet die „Zeit“ in der jüngsten Ausgabe, ohne genauere Details oder Quellen zu nennen. Die Zeitung schreibt, Lindner habe einen „Plan“ in Auftrag gegeben, in dem es um den Ausstieg aus der Ampel geht. Allerdings wird dabei nicht ausdrücklich das „D-Day“-Papier genannt, das die FDP später selbst veröffentlichte. Wie die „Zeit“ weiter berichtet, habe Lindner diesen Auftrag „Ende September“ erteilt. Eventuell geschah dies bei einem ersten Treffen der FDP-Führung dazu am 29. September in Potsdam.

„Zeit“-Herausgeber Giovanni di Lorenzo hatte schon am Mittwochabend in der ARD-Sendung „Maischberger“ gesagt, dass seine Redaktion „glaubhafte Hinweise“ dafür habe, dass Lindner ein solches Papier selbst beauftragt habe. Außerdem sei es schwer vorstellbar, „dass seine engsten Mitarbeiter ein so gravierendes Papier verfassen und er weiß nichts davon“. Als Verfasser ist bisher der Bundesgeschäftsführer der FDP, Carsten Reymann, bekannt – ein enger Vertrauter Lindners. Reymann ist bereits von seinem Posten zurückgetreten.

Carsten Reymann, Ex-Bundesgeschäftsführer der Liberalen, hat als Verfasser des D-Day-Papiers seinen Hut genommen.
Carsten Reymann, Ex-Bundesgeschäftsführer der Liberalen, hat als Verfasser des D-Day-Papiers seinen Hut genommen.dts Nachrichtenagentur/Imago

Weitere Details zur „Zeit“-Recherche gab Di Lorenzo im TV nicht bekannt. Im am Donnerstag in der „Zeit“ veröffentlichten Artikel wird der Vorwurf an Lindner so formuliert: „Christian Lindner, der nach Zeit-Informationen die Erstellung eines Plans für den Ausstieg Ende September selbst in Auftrag gegeben haben soll, erklärt nun, er habe das ‚D-Day‘-Papier ‚nicht zur Kenntnis genommen‘.“

Klar ist auch, dass der FDP-Chef bei allen strategischen Treffen anwesend war, in denen die Parteiführung den Regierungsausstieg geplant hat. Laut „Zeit“ wurde das Projekt schon dort als „D-Day“ bezeichnet. Das bestreiten jedoch mehrere FDP-Politiker, wie etwa der bereits zurückgetretene Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Sie beteuern, das Wort „D-Day“ sei nie gefallen.

Kritik an martialischer Sprache des „D-Day“-Papiers

In dem Papier zum Koalitionsende steht, dass der „ideale Zeitpunkt“ für einen „avisierten Ausstieg“ aus der Ampel zur Mitte der 45. Kalenderwoche zwischen dem 4. und 10. November liegen könnte. Am 6. November kam es tatsächlich zum Bruch des schon lange kriselnden Bündnisses.

Nach der Veröffentlichung des Papiers wurde die FDP auch wegen der martialischen Sprache scharf kritisiert. Die als „D-Day“ bezeichnete Landung der Alliierten am 6. Juni 1944 steht für unmenschliches Blutvergießen, Zehntausende Tote und Verwundete im Zweiten Weltkrieg. Außerdem wird im Papier die letzte Stufe des Regierungsbruchs „offene Feldschlacht“ genannt. ■