Verschärfung des Asylrechts

EU plant haftähnliche Auffanglager für Asylsuchende

Die EU hat sich auf eine Verschärfung des Asylrechts geeinigt. Der Kompromiss sieht eine Reihe von Änderungen der bisherigen Regeln vor.

Teilen
Neue Regeln für Asyl in der EU: Geflüchtete gehen zur Landesaufnahmebehörde Niedersachsen in Braunschweig.
Neue Regeln für Asyl in der EU: Geflüchtete gehen zur Landesaufnahmebehörde Niedersachsen in Braunschweig.Julian Stratenschulte/dpa

Die EU kann nach jahrelangen Verhandlungen eine große Asylreform in Angriff nehmen. Eine am Mittwoch in Brüssel erzielte Einigung sieht viele Verschärfungen der bisherigen Regeln vor. „Damit begrenzen wir die irreguläre Migration und entlasten die Staaten, die besonders stark betroffen sind - auch Deutschland“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Menschenrechtsorganisationen übten dagegen scharfe Kritik an den Plänen.

Konkret sieht die Verständigung zwischen EU-Staaten und Europaparlament beispielsweise einheitliche Verfahren an den europäischen Außengrenzen vor. Geplant ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Bis zur Entscheidung über den Asylantrag sollen die Menschen bis zu zwölf Wochen unter haftähnlichen Bedingungen in Auffanglagern untergebracht werden können. Personen die aus einem Land mit einer Anerkennungsquote von unter 20 Prozent kommen sowie Menschen, die als Gefahr für die öffentliche Sicherheit gelten, müssen künftig verpflichtend in ein solches Grenzverfahren.

Seit 2015/2016 wird an der Reform des Asylverfahrens gearbeitet

An der EU-weiten Reform wurde seit der Flüchtlingskrise 2015/2016 gearbeitet. Damals waren Länder wie Griechenland mit der hohen Zahl Menschen aus Ländern wie Syrien überfordert, Hunderttausende konnten unregistriert in andere EU-Staaten weiterziehen.

Die Verteilung der Schutzsuchenden auf die EU-Staaten wird den Plänen zufolge mit einem „Solidaritätsmechanismus“ neu geregelt: Wenn die Länder keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, müssen sie Unterstützung leisten, etwa in Form von Geldzahlungen. Das war besonders in den Verhandlungen der EU-Staaten untereinander lange ein Streitpunkt, da Länder wie Ungarn eine Solidaritätspflicht ablehnten. Die EU-Staaten konnten sich allerdings im Juni ohne die Zustimmung Ungarns auf eine gemeinsame Position einigen.

Kritik an den Plänen gibt es unter anderem, weil auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und Familien mit Kindern in die streng kontrollierten Auffanglager kommen könnten. Die Bundesregierung und das Europaparlament hatten versucht, dies zu verhindern, scheiterten in den Schlussverhandlungen allerdings am Widerstand von Ländern wie Italien, in dem derzeit eine rechtsextreme Partei die Ministerpräsidentin stellt.

Einigung über Schuldenregelung für die EU-Staaten

Die Finanzminister der EU-Staaten haben sich auf Pläne für eine Reform der europäischen Schuldenregeln verständigt. Sie sehen unter anderem vor, dass die jeweils individuelle Situation der Länder stärker als bislang berücksichtigt wird, wie mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur nach einer Videokonferenz der Finanzminister am Mittwoch sagten.

Es ist noch notwendig, dass die Länder die Pläne akzeptieren und sich mit dem EU-Parlament darüber abstimmen.

Die neuen Fiskalregeln für die EU-Mitgliedsstaaten seien realistischer und wirksamer zugleich, schrieb Bundesfinanzminister Christian Linder (FDP) am Mittwoch auf der Plattform X (ehemals Twitter). „Sie verbinden klare Zahlen für niedrigere Defizite und sinkende Schuldenquoten mit Anreizen für Investitionen und Strukturreformen.“ Die Stabilitätspolitik sei gestärkt.

Der Einigung der 27 Länder war ein deutsch-französischer Vorschlag vorausgegangen, auf den sich Lindner und sein Amtskollege Bruno Le Maire am Dienstagabend verständigt hatten. Die beiden Wirtschaftsschwergewichte der EU standen sich in der Debatte lange gegenüber. Eine Einigung aller 27 Länder ohne eine Verständigung zwischen Paris und Berlin galt als ausgeschlossen. ■