Bundeswehr-Soldaten bei einer Übung: Die Anlagen der Streitkräfte seien im Visier russischer Spione.
Bundeswehr-Soldaten bei einer Übung: Die Anlagen der Streitkräfte seien im Visier russischer Spione. APMindaugas Kulbis/

Der Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND) schlägt Alarm. Die Warnungen vor Aktivitäten russischer Agenten in Deutschland solle man nicht als Panikmache abtun, sagte Behördenchef Bruno Kahl in einer Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages. Es gebe Probleme und Defizite. So seien Bundeswehrstandorte vor Putins Aufklärungsdrohnen nicht genug gesichert.

Der Militärische Abschirmdienst (MAD) arbeite aktuell an einem Konzept, um die Liegenschaften besser zu schützen. „Da sind wir dran, weil das eine tatsächliche Bedrohung ist“, sagt MAD-Chefin  Martina Rosenberg. Außerhalb des direkten Umkreises der Bundeswehr-Liegenschaften seien allerdings andere Sicherheitsbehörden verantwortlich, etwa die Polizei.

Oder der Verfassungsschutz. Doch dieser habe  keine technische Ausrüstung, „um einzelne Drohnen bestimmten Nachrichtendiensten zuzuordnen“, sagt Thomas Haldenwang, Chef des Inlandsgeheimdienstes. Mit Blick auf Berichte über kleine Drohnen, die an Standorten gesichtet wurden, an denen ukrainische Soldaten an bestimmten Waffensystemen ausgebildet werden, sprach der Vorsitzende des Kontrollgremiums, Konstantin von Notz, von einem großen Sicherheitsproblem.

Dem russischen Präsidenten Wladimir Putin geht es nach Einschätzung des BND-Chefs bei seinem Angriffskrieg nicht in erster Linie um das Staatsgebiet der Ukraine. Dieser sei eine „Kriegserklärung“ gegen die gesamte westliche demokratische Welt, so Bruno Kahl.

Eine Aufklärungsdrohne mit hochauflösender Kamera
Eine Aufklärungsdrohne mit hochauflösender Kamera Imago/Frank Sorge

„Putins Angriff auf die Ukraine ist eine Kriegserklärung gegen die westliche Demokratie“

Der BND habe immer darauf hingewiesen, dass Putin - wie schon in Tschetschenien, Georgien, Syrien, auf der Krim und im Donbass – auch weiterhin Gewalt anwenden werde, um seine politischen Ziele durchzusetzen. Die russische Aggression gegen die Ukraine sei für den BND daher nicht überraschend gekommen.

Zu den Staaten, in denen der BND aktuell wachsende russische Einflussversuche wahrnehme, zähle in Europa auch Bulgarien – aber auch hierzulande. So geht  Verfassungsschutz-Chef Haldenwang davon aus, „dass es auch in Deutschland weiter russische Illegale gibt“, die als Spione mit falscher Identität lebten.

Der russische Präsident Wladimir Putin: Haben seine Spione Bundeswehr-Anlagen im Visier?
Der russische Präsident Wladimir Putin: Haben seine Spione Bundeswehr-Anlagen im Visier? AP/Valery Sharifulin

Im Visier habe man sogenannte Influencer und deutsche Politiker, die Desinformation zugunsten des Kreml betrieben. Als Beispiel führte Haldenweg die über soziale Medien verbreitete, frei erfundene Behauptung an, in deutschen Bibliotheken würden russische Bücher verbrannt, um Bibliotheken im Winter zu beheizen. Bei Politikern, die „das Lied Putins singen“, sei nicht immer klar, ob dies aus Überzeugung geschehe „oder weil es dafür Geld gibt“. Um mögliche Zuwendungen aufzuklären „fehlt uns einfach das Werkzeug“.

Zu anderen aktuellen massiven Bedrohungen zähle auch „ein zur Globalmacht aufsteigendes autokratisches China“, sagte Kahl. MAD-Präsidentin Martina Rosenberg sagte, neben russischen Ausspähaktivitäten seien auch nachrichtendienstliche Aktivitäten Chinas gegen die Bundeswehr „seit Jahren auf hohem Niveau“. In Fachkreisen heiße es mit Blick auf die Größenordnungen der Bedrohungen schon länger, „Russland ist der Sturm, China ist der Klimawandel“, sagt Verfassungsschützer Haldenwang. Darauf müsse man sich einstellen.