Zweiter Tag im Prozess gegen den Weihnachtsmarkt-Killer von Magdeburg. Taleb A., der im Dezember vor einem Jahr mit einem Mietwagen sechs Menschen totgerast und mehr als 320 verletzt hat, nutzt die Verhandlung des Landgerichts zur Selbstdarstellung, hält wirre Reden und droht mit Hungerstreik. Für die Opfer im Saal ist das schwer auszuhalten.
Bereits gestern am ersten Prozesstag hatte Taleb A. verkündet, er werde „stundenlang, vielleicht auch tagelang“ zu den Vorwürfen aussagen. Er gab an, bei der Amokfahrt am Steuer gesessen zu haben. „Ich bin derjenige, der das Auto gefahren hat“, sagte der 51-Jährige. Weitere konkrete Angaben machte er nicht, auch von Reue war keine Rede.
Nun setzte er seine Aussage am Landgericht Magdeburg fort, ohne zunächst wirklich auf den Anschlag am 20. Dezember 2024 einzugehen, bei dem ein neunjähriger Junge und fünf Frauen im Alter von 45 bis 75 Jahren starben. Die Anklage wirft dem Mann aus Saudi-Arabien unter anderem vollendeten Mord in sechs Fällen und versuchten Mord an weiteren 338 Menschen vor.
Richter verbietet Taleb A. die wirren Botschaften per Laptop
Der Vorsitzende Richter Dirk Sternberg ermahnte den 51-Jährigen zu Beginn, zum Geschehen und der Vorgeschichte auszusagen – statt in politische Äußerungen abzuschweifen. Zudem warnte er den Angeklagten, einen zur Verfügung gestellten Laptop während der Verhandlung zu nutzen, um politische Aufrufe zu formulieren.
Am ersten Prozesstag hatte Taleb A. diesen hochgehalten und „Sept. 2026“ war zu lesen. „Da ist die nächste politische Wahl in Sachsen-Anhalt“, erklärte der Angeklagte, der als Islamkritiker bekannt ist. Am 6. September 2026 wird in Sachsen-Anhalt ein neuer Landtag gewählt.

Taleb A. droht mit weiterem Hungerstreik
Unbeeindruckt zeigte sich das Gericht zunächst von der Ankündigung des Angeklagten, erneut Nahrung zu verweigern. „Sie haben es nicht in der Hand, durch Hunger- oder Durststreik die Verhandlung zu verzögern oder zu torpedieren“, betonte Richter Sternberg. Da die Anklage verlesen sei und Taleb A. Gelegenheit hatte auszusagen, könne die Verhandlung auch ohne ihn fortgesetzt werden, erklärte Sternberg.
Der Todesfahrer sagte vor Gericht: „Jetzt mache ich den Hungerstreik seit gestern. Ich will das drei Wochen machen. Man erwartet keine körperlichen Schäden.“

Den Aussagen des Todesfahrers ist schwer zu folgen
Teils wirren Äußerungen am ersten Prozesstag folgten bei der Fortsetzung vergleichbare Aussagen zu vermeintlichen Vertuschungsaktionen von Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften in Deutschland sowie Korruption. Der Angeklagte erwähnte Forscher wie Galileo Galilei, Stephen Hawking, Albert Einstein, schimpfte über deutsche Behörden und mangelnde Hilfe für saudische Frauen. Er habe aufklären und warnen wollen.
Er habe Strafanzeigen gestellt und sei aber nicht gehört worden. Stattdessen wurde er selbst angezeigt, etwa weil er den Notruf 112 missbrauchte. „Es gab nur zwei Wege: Entweder verlasse ich Deutschland oder ich greife an“, schilderte der 51-Jahre alte Angeklagte aus Saudi-Arabien. Am Tag des Anschlags sei er „kalt wie Eis“ gewesen. Er habe das Gefühl gehabt, „dass er etwas Schreckliches mache“. „In der letzten Sekunde habe ich gesehen, dass es keine Hoffnung gibt“, sagte Taleb A. Er sei davon ausgegangen, dass die Polizei ihn erschieße.
Taleb A. will das Wort an Eltern des getöteten Jungen richten
Inmitten der oft zusammenhanglos wirkenden Aussagen sagte der 51-Jährige Sätze wie: „Hätte man uns verstanden, hätte ich niemanden getötet und niemanden verletzt“. Als der Todesfahrer das Wort direkt an die Eltern des getöteten neunjährigen Jungen richten wollte, schritt Richter Sternberg ein.
Betroffene, die die Verhandlung persönlich verfolgten, wirkten angespannt. Rund 180 Nebenklägerinnen und Nebenkläger sind im Verfahren vertreten. Am zweiten Tag kamen etwa 30 Menschen – weniger als zum Prozessauftakt. Die Zuschauerreihen mit 100 Plätzen waren jedoch besser gefüllt.

Psychiatrischer Gutachter beobachtet Taleb A.
Der Angeklagte, der selbst als Psychiater im Maßregelvollzug Bernburg psychisch erkrankte Straftäter behandelte, wird von einem psychiatrischen Gutachter beobachtet. Er wird an vielen Verhandlungstagen dabei sein und soll sich ein Bild von Taleb A. machen, der Gespräche mit dem Sachverständigen bislang verweigerte.
Dabei geht es vor allem um die Schuldfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt. Dem Angeklagten droht bei einer Verurteilung auch eine lebenslange Sicherungsverwahrung.


