Coole Musik, verdorbene Texte

Schlager-Star Margot Huber: Die irre Geschichte des Internet-Phänomens

Sie wird mit Titeln wie „Jetzt wo ich bald weg bin“ auf Tiktok und Youtube immer bekannter – doch Schlager-Star Margot Huber existiert gar nicht.

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Schlager wie in den 60er-Jahren gibt es von Margot Huber - die Schlager-Sängerin ist ein Internet-Phänomen, doch es gibt sie gar nicht.
Schlager wie in den 60er-Jahren gibt es von Margot Huber - die Schlager-Sängerin ist ein Internet-Phänomen, doch es gibt sie gar nicht.Wolfram Weber, K.I.tparade

Die Musik-Branche ist ständig in Bewegung – immer wieder verschwinden Talente von der Bildfläche, aber immer wieder tauchen auch neue auf, die bisher niemand auf dem Schirm hatte. So ist es auch bei dieser Geschichte: Seit Wochen sorgt im Netz eine Schlagersängerin mit dem klangvollen Namen Margot Huber für Furore. Ihre Hits – darunter „Jetzt wo ich bald weg bin“, „Es ist Sommer“ und „Dein Mercedes“. Das Problem: Wer wissen will, wer sich hinter den Songs verbirgt, landet bei der Recherche schnell im Nirgendwo. Und das nicht ohne Grund: Margot Huber gibt es gar nicht – ihre Musik entstammt künstlicher Intelligenz! Nicht der einzige fiktive Musik-Star, der gerade den Weg zum großen Erfolg antritt.

Schlager-Star Margot Huber: Das steckte hinter der Schlager-Queen aus dem Internet

„Du liebst mich zwar noch, aber ich dich nicht mehr – es dir zu sagen fällt mir noch etwas schwer“ – eine Zeile, wie sie aus jedem deutschen Schlager-Song stammen könnte. Sie kommt aus dem Hit „Jetzt wo ich bald weg bin“ von Schlager-Star Margot Huber. Ein Song, in dem sie mit ihrem Ex-Mann abrechnet und klarstellt: Sie ist nur noch bei ihm, weil es noch kein Tinder gibt. Um enttäuschte Liebe geht es auch bei „Dein Mercedes“ – auch hier singt Margot Huber von ihrem Ex, der ihr immer nur Vorschriften machte.

Die Folge: Nach der Trennung verrichtete sie ihr Geschäft in seinem Mercedes, besingt die Ekel-Tat in ihrem Lied ausführlich, während der Background-Chor „Kacki-kacki-kack“ trällert. Beinahe harmlos dagegen: Der Song Menschen, in dem Margot Huber darüber singt, wie sehr sie andere Menschen hasst. „Quatsch mir keine Frikadelle an mein Ohr oder mein Knie / ihr gehört doch alle in die geschlossene Psychiatrie.“ Nix mit heile Schlager-Welt!

Freche Texte, eingängiger Klang – da bleibt nur eine Frage offen: Wer ist Margot Huber? Über Schlagersängerin, die mit ihren Songs Tausende Hörer begeistert, findet man nämlich nur wenig. Der Grund: Sie ist gar nicht echt – sondern wurde von künstlicher Intelligenz erstellt. Und ist damit Deutschlands erste KI-Schlagersängerin. Die Plattencover, die eine schick gekleidete Frau im Nostalgie-Look zeigen, die Musik, der Gesang: All das ist nicht echt – und wer gern ein Autogramm des vermeintlichen Schlager-Stars hätte: Es sieht ziemlich schlecht aus.

Schlager-Hits von Margot Huber werden mit KI erstellt

Aber: Wer steckt dahinter? Laut einem Bericht der Münchner „tz“ soll ein Mann namens Benjamin Gronau hinter dem Schlager-Phänomen stecken – das ist ersichtlich, wenn man bei Apple Music ins Profil von Margot Huber schaut. Denn: Hier ist der Name im Bereich „Komposition und Liedtext“ angegeben. Auf Youtube und Tiktok laufen die Songt von Margot Huber allerdings nur unter dem Kürzel „K.I.tparade“ – also einer Mischung aus KI (Künstliche Intelligenz) und Hitparade. Dort gibt es zudem eine Mini-Erklärung, wie die Schlager-Hits entstehen: „Musik mit Hilfe von K.I. Text von Menschen“, heißt es im Profil. Offenbar denkt sich der Macher die Texte aus und speist diese in die KI ein, wo dann daraus ein Song entsteht. Entsprechende Software kann jeder nutzen.

Die Zuhörer feiern die Sonst schon jetzt – mehr als 10.000 Abonnenten hat Margot Huber auf Tiktok, mehr als 70.000 Menschen haben sich auf Youtube bereits ihren Song „Dein Mercedes“ angehört, so fragwürdig der Text auch ist. „Ich hab nie viel von KI Musik gehalten, aber ich lach mich grade so weg mit mir alleine“, schreibt ein Nutzer auf dem Video-Portal. Und auch auf Tiktok geizen die Margot-Fans nicht mit Lob. „Wieso habe ich aber sofort ein Bild davon im Kopf, wie sie das live in der ZDF-Hitparade singt?“, fragt einer. Ein anderer: „Unfassbar die Margot, die hatte ja nur Superhits.“ Vereinzelt wird sogar schon vorgeschlagen, Margot Huber zum ESC zu schicken – doch soweit ist die Technologie noch nicht. Eine Chance hätte sie wohl sowieso nicht: Fast alle Texte der neuen Schlager-Queen aus dem Internet sind als „nicht jugendfrei“ eingestuft.

Margot Huber ist übrigens nicht der einzige neue Star am Schlager-Himmel: Auf den gängigen Portalen gibt es bereits mehrere Kanäle, die sich mit KI-generiertem und häufig sehr frivolem Schlager befassen. Auf Youtube ist etwa der Kanal „Hitradio Rakete“, bei dem die Nutzer den Stimmen von fiktiven Sängerinnen wie Gertrude Stuhlmann, Rosi Knattermann und Frederike Feldrand lauschen können. Und beim Label „Angry Millennial Records“ sind es Stars wie Karina Funke, Tina Paloma und „Die Wurzlbuben“, die für Gesprächsstoff sorgen. Schlager-Fans dürfen schon jetzt gespannt sein, welche Hits die durch Technik generierte Schlager-Welt noch hervorbringt …■