Es gibt Rechtsstreitigkeiten, die gibt es gar nicht – und doch müssen Deutschlands Gerichte immer wieder über die kuriosesten Sachverhalte urteilen. In Lübeck sorgte jetzt ein besonderer Fall für Furore, über den man wirklich nur schmunzeln kann: Ein junger Mann wurde von Mitarbeitern des Ordnungsamtes dabei erwischt, wie er in die Ostsee pinkelte. 60 Euro Bußgeld sollte er zahlen, war damit aber nicht einverstanden. Das Gericht urteilte nun: Alles okay – auch ohne WC!
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Die meisten würden es sicher ungern zugeben, aber: Beim Baden in der Ostsee haben wohl viele Urlauber schon einmal ins Wasser gepinkelt. Der junge Mann, der in Lübeck jetzt vor Gericht zog, tat das auch – allerdings auf etwas andere Art und Weise. Berichten zufolge saß er mit Freunden am Ostseestrand, als sich die Blase meldete. Er begab sich also an das Ufer und urinierte „mit dem Rücken zum Strand stehend in Richtung Wasser“.
Mitarbeiter des Ordnungsamtes erwischten den Mann beim Pinkeln in die Ostsee
Zufällig kamen Mitarbeiter des Ordnungsamtes vorbei – und stellten den jungen Mann zur Rede. Folge: Ein Bußgeld sollte er zahlen. Nicht nur, weil er urinierte, sondern wegen „Belästigung der Allgemeinheit nach § 118 OWiG“. Weil er nicht einverstanden war, ging er vor Gericht – das Amtsgericht Lübeck musste nun urteilen, ob durch das Urinieren des Mannes in die Ostsee bei Dunkelheit tatsächlich die Allgemeinheit belästigt wurde.
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Das Ergebnis: Nein! Der Wildpinkler wurde freigesprochen. Die Urteilsbegründung ist zugleich ein Schriftstück, das unweigerlich den einen oder anderen Lacher auslösen dürfte. Dort heißt es unter anderem, der Betroffene habe „sich eingelassen, dass selbst zu seinem am Strand sitzenden Freundeskreis ein Abstand von etwa 20 Metern bestanden habe, auch Spaziergänger seien zu dieser Uhrzeit […] im Spülsaum nicht mehr unterwegs gewesen.“ Der ganze Vorgang sei in der Dunkelheit höchstens schemenhaft sichtbar gewesen. „Die Zeugen selber haben den Vorgang unter Annäherung an den Betroffenen und Verwendung von Taschenlampen aufgeklärt und dokumentiert.“

Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes seien „auch nicht sofort eingeschritten, sondern haben der Angelegenheit ihren Lauf gelassen, bis der Betroffene seine Bekleidung wieder gerichtet und sich ihnen zugewandt hatte“. Außerdem stellt das Gericht fest: Der „Vorgang des Wasserlassens unter freiem Himmel außerhalb von Bedürfnisanstalten“ sei keine „grob ungehörige Handlung“. Denn: „Als Vorgang natürlich menschlichen Ursprungs wird er nach Geschlechtern getrennt in öffentlichen Bedürfnisanstalten nach Belegung und baulichen Vorrichtungen auch in Gesellschaft verrichtet.“
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Gaga-Urteil: Urinieren an Pissoirs ist laut Gericht ein geselliges Ereignis
In Männer-Toiletten sei das Urinieren an Pissoirs, Rinnen oder „sonstigen Abtritten“ sogar ein geselliges Ereignis. Außerhalb von Toiletten sei es üblich, sich beim Pinkeln fremden Blicken zu entziehen. „Selbst wenn er im Dämmerlicht der Uferbeleuchtung noch schemenhaft zu erkennen war, musste er nicht damit rechnen, unvermittelt mit Taschenlampen ausgeleuchtet und gezielt kontaktiert zu werden“, schreibt das Gericht in der Urteilsbegründung.
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Doch damit nicht genug. „Die Ostsee enthält eine Wassermenge von 21.631 Kubikkilometern Brackwasser. Der Verdünnungsgrad wäre selbst im Wiederholungs- oder Nachahmungsfall so hoch, dass eine belästigende Verschmutzung oder Geruchsbeeinträchtigung ausgeschlossen ist“, schreibt das Gericht. Abschließend sei das Verhalten des Betroffenen eine „naturrechtlich verankerte menschliche Willensbetätigung“, heißt es im Urteil. „Der Mensch hat unter den Weiten des Himmelszeltes nicht mindere Rechte als das Reh im Wald, der Hase auf dem Feld oder die Robbe im Spülsaum der Ostsee.“ ■