Die Fußball-EM ist erst ein paar Wochen her, doch der bittere Beigeschmack bleibt: Vor allem in den sozialen Netzwerken hatten sich viele Fußballfans über die Zustände bei der Deutschen Bahn beschwert. Verspätungen, Ausfälle und überfüllte Züge machten einigen zu schaffen – und verhinderten, dass sie pünktlich zu den Spielen kamen. Es wurde sogar festgestellt, dass die angebliche deutsche Effizienz ein Mythos sei. Nun zeigen neue Enthüllungen: Nicht nur die Bahn-Kunden finden die Bahn unmöglich – sondern auch die Mitarbeiter!
Bahn-Mitarbeiter packen im Chat aus: „An Peinlichkeit nicht zu überbieten“
Das geht aus einer Enthüllungs-Geschichte der „Süddeutschen Zeitung“ hervor. Das Blatt bekam Zugriff auf interne Chats, die die Kommunikation zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Unternehmens abbilden sollen. Der Inhalt: Viele Mitarbeiter scheinen frustriert zu sein – und nicht einverstanden mit den Zuständen, die bei der Deutschen Bahn herrschen. „Das, was wir hier abliefern, ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten“, schreibt etwa ein Mann, der als Zugbegleiter arbeitet. Nicht an einem einzigen Tag laufe irgendwas – es sei „zum K*****“.
Er selbst berichtet von einem Erlebnis, das er auf einer Fahrt von Berlin nach Basel hatte – im Zug habe es keine Kühlung, keine Tiefkühlung und keinerlei Ware gegeben. Ein „Trauerspiel“ nennt es der Mitarbeiter. Hinzu komme eine dünne Besetzung, mit der das Unternehmen auch „die letzten verbliebenen Mitarbeiter vergraulen“ werde, schreibt er. Auch eine Frau wird im Bericht der „SZ“ mit ihrer Kritik zitiert. „Ich finde, es wird jeden Tag schlimmer und man ist immer mit weniger Personal auf den Zügen“, schreibt sie in dem internen Chat. Überhaupt scheint der Personalmangel ein großes Problem – erst kürzlich kündigte die Bahn massiven Personalabbau an. „Die Sch**** ausbaden musste schon immer die Basis“, schreibt ein Mitarbeiter im Chat.

Ein Lokführer schreibt laut dem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“, die Bahn sei ein „maroder Sanierungsfall“. Die Auswirkungen bekämen die Fahrgäste zu spüren, aber auch die Beschäftigten, „die jeden Tag das Rad am Rollen halten und die für diese Misswirtschaft ihren Kopf hinhalten müssen“. Sie sind natürlich auch die ersten Ansprechpartner für die Passagiere, wenn’s mal wieder hakt. Der Mitarbeiter schreibt: „Ich schäme mich mittlerweile jeden Tag für dieses Unternehmen.“
Bei der Fußball-EM wurde das Chaos bei der Deutschen Bahn zur Lachnummer
Vor allem bei der Fußball-EM wurde das Chaos bei der Bahn zur weltweiten Lachnummer. „Die deutsche Effizienz ist nahezu nicht existent“, berichtete etwa eine Frau beim Kurznachrichtenportal X. „Nichts ist hier pünktlich. Das Verkehrssystem ist an den Spieltagen völlig überlastet.“ Ein anderer Nutzer schrieb: „Laufen sei der schnellste Weg, um zwischen den Spielen während der Fußball-EM von A nach B zu kommen – denn das Verkehrssystem in Deutschland sei ein Witz“, stellt er fest. „Nichts ist pünktlich und wir hatten einen Ausfall der Bahn, mehrere Züge wurden gecancelt.“ Und einer schrieb: „Die öffentlichen Verkehrsmittel in Deutschland sind ein Haufen Scheiße. Jesus Christus, ich will wieder nach Hause!“
Die Deutsche Bahn habe bei der Fußball-Europameisterschaft ihren schlechten Ruf bestätigt, sagte Detlef Neuß, der Verbandschef von Pro Bahn. „Derzeit wird eher unterstrichen, welche Defizite es bei der Bahn gibt.“ Vor allem im Nahverkehr würden die Schwächen angesichts vieler Verspätungen und überfüllter Züge besonders deutlich. In diesem Bereich fehle es an Sonderzügen oder Personal in Bereitschaft. Der Personalabbau wird die Lage nicht besser machen – Heike Moll, die stellvertretende Betriebsratschefin des Konzerns, sprach in einem Schreiben laut „Süddeutscher Zeitung“ von einem „Schlag ins Gesicht“. Der Personalabbau gefährde den Bahnbetrieb – und senke nicht nur die Arbeitsmoral, sondern beeinträchtige auch die Qualität der Arbeit. ■