Ex-Fußball-Profi

Christoph Kramer gesteht: „Ich hatte vielleicht weniger Talent – aber viel mehr Glück“

Weltmeister, Moderator, Trainer, Schriftsteller: Christoph Kramer spricht im Playboy über Ehrgeiz, Glück und die wichtigsten Prinzipien des Lebens.

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Christoph Kramer in seiner Rolle als Moderator, hier beim Champions League Spiel BVB gegen Lille.
Christoph Kramer in seiner Rolle als Moderator, hier beim Champions League Spiel BVB gegen Lille.Alex Gottschalk/Imago

Von außen sieht es aus wie ein Märchen. Christoph Kramer, einst der unscheinbare Junge aus dem Bergischen Land, schafft es bis ganz nach oben. Bundesliga-Star. Nationalspieler. Und 2014 sogar: Weltmeister in Brasilien. Doch wer glaubt, Kramer habe sich diesen Aufstieg mit übermenschlichem Ehrgeiz oder gottgegebenem Talent erkämpft, wird jetzt eines Besseren belehrt.

„Ich hatte vielleicht weniger Talent, aber viel mehr Glück als andere“, sagt Kramer im Interview mit dem PLAYBOY – und klingt dabei so ehrlich, so geerdet, wie man es im Profi-Fußball selten hört.

Schon früh habe er gespürt: Er gehört nicht zu den Besten seiner Generation. „Wenn ich an meine Zeit im Jugendfußball zurückdenke: Ich war nicht der Beste, bei Weitem nicht“, so der ehemalige Mittelfeldstratege von Borussia Mönchengladbach. Der Unterschied? „Ich hatte einfach verdammt viel Glück.“

Kein falscher Stolz, keine Heldengeschichte – Kramer stellt klar: Viele Kinder trainieren hart, verzichten auf Partys, träumen vom ganz großen Sprung. „Und die meisten schaffen es eben trotzdem nicht.“ Der 34-Jährige will sich darum nicht hinstellen und so tun, als habe er einfach nur härter gearbeitet als die anderen. „Denn das haben viele.“

Und schreiben kann er auch noch: Christoph Kramer auf der Buchmesse Leipzig mit seinem Werk Das Leben fing im Sommer an.
Und schreiben kann er auch noch: Christoph Kramer auf der Buchmesse Leipzig mit seinem Werk Das Leben fing im Sommer an.Future Image/Imago

„Erfolg ist oft nur eine Frage des Moments“

Kramer weiß, wie flüchtig Erfolg im Fußball ist. Ein Quäntchen Glück – oder eben Pech – kann über alles entscheiden. „Was du wirklich beeinflussen kannst, sind nur Wahrscheinlichkeiten“, sagt er. Und dann liefert er das perfekte Beispiel: „Wenn wir die letzte EM zehnmal spielen, gewinnt Spanien sie dreimal, Deutschland dreimal – und viermal gewinnt ein anderes Team.“ Es war ein 50:50-Spiel. Deutschland verlor. „So ist Fußball.“

Und anders als in Sportarten mit vielen Punkten, wo am Ende fast immer das bessere Team siegt, sei Fußball gnadenlos vom Zufall geprägt. „In Handball oder Tennis setzt sich am Ende fast immer die Klasse durch. Aber im Fußball? Ein Tor ist so schwer zu erzielen, da entscheidet manchmal ein einziger Moment – oder eben das Glück.“

Vom Spieler zum Philosophen

Heute ist Kramer TV-Experte – und Autor. In seinem Buch „Das Leben fing im Sommer an“ zeigt er, dass in ihm mehr steckt als ein Ex-Profi. Ein kluger Kopf, einer mit Haltung. Und mit Prinzipien. „Ich habe über meine Karriere hinweg ein paar Prinzipien des Menschen entwickelt“, sagt er. Die wichtigste Regel: Wir bleiben immer gleich. Egal, ob 6:0 oder 0:6. Egal, ob Sieg oder Niederlage.

Auch als Trainer, so sagt er, will er diesen Weg gehen. „Ich werde alle meine Spieler immer mögen. Niemand muss sich entschuldigen, wenn er nach einer Klatsche über ein lustiges Bild lacht. Fußball ist wichtig – aber nicht wichtiger als das Leben.“

Christoph Kramer, der Mittelfeldmann bei Borussia Mönchengladbach, in seiner aktiven Zeit.
Christoph Kramer, der Mittelfeldmann bei Borussia Mönchengladbach, in seiner aktiven Zeit.Marius Becker/dpa

„Ehrgeiz und Spaß schließen sich nicht aus“

Für Kramer schließt sich der Kreis: Die lockere Art, mit der er heute im Fernsehen punktet, sei kein Kalkül. Sondern echt. „Ich tue diese Dinge, weil ich daran Spaß habe. Nicht aus anderen Gründen.“ Und auch, wenn der Humor mal daneben geht – dann ist das eben so. „Ich mache einen Spruch. Wenn der nicht lustig ist, ist er halt nicht lustig.“

Dass seine Karriere nach dem WM-Triumph 2014 keinen dauerhaften Höhenflug nahm? Kein Problem für Kramer. „Natürlich wollte ich weiter Nationalspieler sein. Aber ich dachte mir auch: Du hast mehr erreicht, als du je zu träumen gewagt hättest.“ Sein ursprüngliches Ziel: Regionalliga. Am Ende stand: Weltmeister. Und das sei mehr, als er sich je hätte ausmalen können.

„Wenn ich die Wahl gehabt hätte – ich hätte mein Leben an jedem einzelnen Tag genauso unterschrieben.“

Ein Satz, der hängen bleibt. Vielleicht, weil er aus dem Mund eines Mannes kommt, der einmal ganz oben war – und heute trotzdem weiß, wie viel Glück dazugehört, überhaupt dort hinzukommen.