Gerichts-Urteil

Beim Kaffeetrinken verschluckt? Arbeitsunfall!

In einem kuriosen Fall haben Richter in Sachsen-Anhalt eine Entscheidung getroffen. Letztlich ging es darum, ob Kaffeetrinken dem Job dienlich ist.

Author - Berliner KURIER
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Ein Vorarbeiter auf einer Baustelle verschluckte sich an seinem Kaffee, was zu einem Unfall führte. (Symbolfoto).
Ein Vorarbeiter auf einer Baustelle verschluckte sich an seinem Kaffee, was zu einem Unfall führte. (Symbolfoto).Depositphotos / Imago

Einen Schluck Kaffee getrunken und sich deswegen die Nase gebrochen! Klingt schräg. Kann aber als Arbeitsunfall gewertet werden, wie jetzt Richter entschieden. Denn Kaffeetrinken ist nicht immer Privatsache.

Es war dumm gelaufen für einen Vorarbeiter auf einer Baustelle in Sachsen-Anhalt. Während der morgenlichen Besprechung im Baucontainer nahm er einen kräftigen Schuck Kaffee – und verschluckte sich. Hustend ging der Mann vor die Tür, verlor kurz das Bewusstsein und stürzte auf ein Metallgitter. Gesicht voraus. Danach war sein Nasenbein gebrochen.

Der Baustellen-Vorarbeiter reichte das als Arbeistunfall bei seiner Berufsgenossenschaft ein. Doch die sah den Fall anders. Das Kaffeetrinken diene keinen betrieblichen Zwecken, sondern gehöre in den privaten Lebensbereich des Klägers. So sah es auch das Sozialgericht, das in erster Instanz über den Fall zu entscheiden hatte.

Die Richter am Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt in Halle entschieden anders. Wenn ein Arbeitnehmer sich beim Kaffeetrinken verschluckt und infolgedessen stürzt, kann das im Einzelfall einen Arbeitsunfall darstellen, so ihr Urteil (L 6 U 45/23).

Kaffee trinken dient dem Job weil es wach macht und für positive Stimmung sorgt

Zwar erstrecke sich der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich nicht auf die Aufnahme von Nahrung oder Getränken, wenn damit ein menschliches Grundbedürfnis befriedigt wird. Im vorliegenden Fall habe das Kaffeetrinken aber auch betrieblichen Zwecken gedient. Der gemeinsame Kaffeegenuss während der verpflichtend vorgeschriebenen Besprechung habe eine positive Arbeitsatmosphäre und eine Stärkung des Teams bewirkt.

Zudem habe der Kaffee für erhöhte Wachsamkeit und Aufnahmebereitschaft gesorgt. Das sei auch dem Arbeitgeber bewusst gewesen, der sich teilweise selbst um das Auffüllen der Kaffeevorräte gekümmert habe. Deshalb sei der Fall auch anders zu beurteilen, als wenn sich ein Arbeitnehmer etwa in der Frühstückspause an einem Kaffee verschluckt hätte, den er selbst in der Thermoskanne mitgebracht hat. Das LSG hat die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen. (mit AFP)