Was der US-Präsident will

Mit Kohlestrom, wie in Deutschland: Donald Trumps bizarre Zoll-Vision

Was können die EU und China aufbieten, um den von Trump angezettelten Handelskrieg abzuwenden? Reicht Verhandlungswille, um die teils irren Vorstellungen des US-Präsidenten zu erfüllen?

Author - Joane Studnik
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US-Präsident Donald Trump am Montagabend bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus.
US-Präsident Donald Trump am Montagabend bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus.Saul Loeb/AFP

Es ist ein Angebot, um das zahlreiche Industrienationen die USA beneiden würden: Die EU hat US-Präsident Donald Trump als Reaktion auf dessen angekündigte Zölle gegen fast alle Länder der Welt einen weitreichenden gegenseitigen Zollerlass angeboten. Bei einer Pressekonferenz am Montagabend beantwortete Donald Trump die Reporter-Frage: „Ist das denn nicht genug?“ mit „Nein, ist es nicht.“

REPORTER: The EU has said they offered zero for zero tariffs on cars and industrial goods. Is that not enough? TRUMP: No, it's not

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— Aaron Rupar (@atrupar.com) April 7, 2025 at 9:37 PM

Seitdem rätseln Wirtschaftsfachleute, Politiker und Trump-Kenner, wie er das denn gemeint haben könnte und wie die EU ihr Angebot verbessern könnte, um Trump zu Verhandlungen zu bewegen.

Trumps wilde Zoll-Drohungen: Nun wollen alle mit den USA verhandeln

Das Angebot der EU beruht auf der Annahme, dass gegenseitige Zollfreiheit für Industrieländer erstrebenswert ist. Sowohl die USA und als auch die EU produzieren Autos, Motorräder, Hightech-Maschinen: Zölle verteuern den Preis und erzeugen viel Papierkram. Darum ist beispielsweise Tesla-Chef Elon Musk von dieser Idee begeistert. Er stellt sich damit kategorisch gegen Donald Trump, der Zölle aus mehreren Gründen für sehr sinnvoll hält. Eines der Ergebnisse, die seine Ankündigung teils drastischer Zölle weltweit erzeugt hat, gibt Trump recht: fast alle betroffenen Länder wollen nun mit den USA verhandeln, die einen mit einer demütigen Haltung, andere wie China durch eine Eskalation des Konflikts: Die asiatische Export-Großmacht kontert Trumps 34-Prozent-Zoll-Ankündigung mit 50 Prozent Zoll auf chinesische Produkte, die sich folglich in den USA massiv verteuern würden.

Kleidung, Taschen, Sportartikel: Die USA importieren für Milliarden Dollar chinesische Konsumartikel, exportieren wiederum Hightech-Produkte wie iPhones in die ganze Welt, auch China – hergestellt werden diese wiederum mit chinesischen oder taiwanischen Komponenten in China. Die Handelsbeziehungen sind wechselseitig, und Zölle würden diese massiv erschweren.

Zoll-Zoff mit Trump: Ursula von der Leyen warnt China vor Eskalation

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warnte deshalb China, den Konflikt mit US-Präsident Donald Trump nicht weiter zu eskalieren. In einem Telefonat mit Chinas Ministerpräsident Li Qiang appellierte von der Leyen dazu „ein Handelssystem zu unterstützen, das frei und fair ist und auf gleichen Wettbewerbsbedingungen beruht“. Die Gefahr, die von der Leyen sieht: Schotten sich die USA von US-Importen ab, könnte China Europa mit chinesischen Billig-Produkten überschwemmen, die bislang auf dem US-Markt landen. Dies könnte wiederum Unternehmen in der EU in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen.

In der abendlichen Pressekonferenz wiederum wies Trump darauf hin, warum er das scheinbar attraktive Angebot der EU als nicht gut genug auffasst: Zollfreiheit soll nicht für alle Waren, sondern zunächst für Industrieprodukte wie Autos gelten. Gerade dort sieht Trump jedoch die heimische Industrie von Firmen wie BMW, Mercedes und VW benachteiligt, die auch in den USA produzieren. Andererseits gelingt es den bekannten US-Automarken wie Chevrolet, Cadillac, Dodge, GMC und Lincoln nicht, auf dem europäischen Automarkt Fuß zu fassen – anders als Tesla, das bis vor wenigen Monaten als die große Ausnahme galt, bis Unternehmenschef-Chef Elon Musk den Ruf des Unternehmens ramponierte.

Zoll-Ankündigungen: Das will Donald Trump tatsächlich erreichen

Trump zufolge erschwert die EU durch sogenannte nichttarifäre Handelshemnisse, US-Produkte auf den Markt zu bringen. Tatsächlich gibt es in den EU Standards und Sicherheitsvorschriften, die beispielsweise die reguläre Zulassung des Tesla Cybertruck verunmöglicht. Der Pickup gilt jedoch selbst auf dem US-Markt als Flop. Andere US-Pickups wie der Ford Ranger werden jedoch nach Deutschland und andere EU-Länder exportiert, nunmehr auch mit Elektroantrieb. Mit solchen Nischenprodukten erobert man jedoch keinen Massenmarkt.

Sie haben es mit Windrädern versucht, und es hat nicht funktioniert."

Donald Trump über den angeblichen Kohlestrom-Boom in Deutschland

Dennoch gibt sich Trump überzeugt, dass in einer mit Zöllen abgeschotteten USA die Autoindustrie und andere Firmen neu gedeihen würden. Dass es möglicherweise auch an Produkten liegt, die kaum konkurrenzfähig gegenüber Maschinen aus Deutschland oder Kleidung aus Fernost sind, interessiert Trump nicht. Neue Fabriken sollen in den USA wachsen, die dafür notwendige Energie sollten zahlreiche neue Kraftwerke erzeugen – mit einer bizarren Argumentation verwies Trump dabei ausgerechnet auf Deutschland: Hier würde jede Woche ein neues Kohlekraftwerk in Betrieb genommen, so Trump am Abend im Weißen Haus neben Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu. „Sie haben es mit Windrädern versucht, und es hat nicht funktioniert.“ Stattdessen eröffne Deutschland jede Woche ein neues Kohlekraftwerk. Die Aussage ist freilich blanker Unsinn: Solar und Windstrom erzeugen in Deutschland inzwischen etwa 60 Prozent des Gesamt-Strombedarfs. Kohlekraftwerke werden als Reserve vorgehalten, kommen aber immer seltener zum Einsatz.

Das interessiert Trump jedoch nicht: Er informiert sich selbst vorwiegend aus „alternativen“ Medien; auch seine Begeisterung für Zölle entspricht einer krassen Außenseitermeinung, die von Wirtschaftsexperten nicht geteilt wird. Dennoch hält er an seinen Grundüberzeugungen fest. Von Zöllen habe er sich bereits vor Jahrzehnten begeistert gezeigt, so Trump-Kenner. In seinem Bestseller „Fear“ zitierte der Journalist Bob Woodward Trump, der auf einem G20-Gipfel gesagt habe: „Handel ist schlecht“.