Diese Geschichte bewegt die Welt: Für die todkranke Mutter einer aus dem Gazastreifen befreiten Geisel geht ihr letzter Wunsch in Erfüllung: Die Frau hatte darum gebeten, ihre entführte Tochter vor ihrem Tod wiederzusehen. Am Wochenende rettete eine israelische Spezialeinheit die 25-jährige Noa Argamani aus der Gewalt der islamistischen Hamas. Israelische Medien berichteten, sie sei wieder mit ihrer Mutter vereint, die in einer Klinik behandelt werde. Die Frau hat Krebs im Endstadium.
Aufnahmen zeigen, wie Noa Argamani verschleppt wurde, weinte und um Hilfe rief
Das Schicksal der vom Nova-Musikfestival entführten jungen Israelin berührte das Land schon seit langem. Aufnahmen, wie sie von Terroristen auf einem Motorrad entführt wurde und dabei verzweifelt und weinend um Hilfe rief, sind in Israel weithin bekannt. Der ebenfalls verschleppte Freund der Studentin befindet sich nach Angaben des Forums der Geiselfamilien noch immer in Gewalt der Hamas. Die Terrororganisation hatte im Januar ein Video der jungen Frau veröffentlicht, in dem sie über den Tod zweier männlicher Entführter bei israelischen Angriffen im Gazastreifen sprach.
Die 25-Jährige wurde Armeeangaben zufolge im Gazastreifen von Wohnung zu Wohnung gebracht und zuletzt in einem verschlossenen Raum in einer Wohnung im Zentrum des Küstengebiets festgehalten. Dort sei sie von vielen Bewaffneten bewacht worden. Laut einem israelischen Medienbericht wohnte die junge Frau zuletzt bei einer palästinensischen Familie, mit der sie auf Arabisch kommunizierte. Sie habe Essen bekommen, wenn sie darum gebeten habe. Die Israelin habe wenig Tageslicht gesehen. Eine Zeit lang habe sie während ihrer Gefangenschaft auch mit zwei inzwischen für tot erklärten Geiseln zusammen gelebt, meldete der Sender Channel 13.

Nach ihrer Rückkehr nach Israel kam Argamani zunächst zur Untersuchung in ein Krankenhaus. Auf einer von seinem Büro veröffentlichten Aufnahme ist Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu zu sehen, wie er die junge Frau in der Klinik besucht und ihre Hand hält. Sie freue sich, nach so langer Zeit wieder Hebräisch zu sprechen, sagte die Israelin. Der Einsatz zur Befreiung der Geiseln in Nuseirat sei mehrere Wochen vorbereitet worden, sagte Armee-Sprecher Peter Lerner. Er sprach von einer komplexen und auch riskanten Aktion der Spezialeinheiten. „Der Schlüsselfaktor war der Überraschungsangriff.“ Nach einem Bericht der „New York Times“ half ein Team von US-Experten für die Geisel-Befreiung in Israel bei der Vorbereitung der Aktion, indem sie Informationen und „andere logistische Unterstützung“ bereithielten.
Noch mehr als 120 Geiseln sollen sich im Gaza-Streifen befinden
Zu den befreiten Geiseln gehören auch drei Männer im Alter von 21, 27 und 40 Jahren. Der israelische Militärsprecher Hagari sagte, es befänden sich noch 120 Geiseln der insgesamt mehr als 250 aus Israel verschleppten Menschen im Gazastreifen. Es wird befürchtet, dass ein Großteil von ihnen nicht mehr am Leben ist. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Befreiung als „Hoffnungsschimmer“ gewertet. Sie wecke Hoffnung „darauf, dass das Leid endlich ein Ende nimmt. Und darauf, dass auch die anderen Geiseln freikommen und von ihren Liebsten in die Arme geschlossen werden“, sagte Baerbock. Es sei nun an der Hamas, dem Vorschlag für ein Abkommen über eine Feuerpause zuzustimmen. Das Abkommen liege auf dem Tisch und könne „der Einstieg in das Ende des Kriegs sein“.

Große Dankbarkeit gab es auch vom Vater der verschleppten Noa Argamani. „Es gibt keine Armee wie diese auf der Welt“, sagte er in einem Video. Der Clip zeigt, wie er seine Tochter und einen Soldaten umarmt. Die 25-Jährige wischt sich dabei Tränen aus dem Gesicht. In einer anderen Aufnahme singen Angehörige ihrem Vater ein Ständchen – sein Geburtstag fiel auf den Tag der Befreiung seiner Tochter. Auch für ihn wurde damit sein größer Wunsch wahr.
Doch nicht für alle gab es ein Happy End: Auch der 22-jährige Almog Meir Jan wurde nach acht Monaten Geiselhaft befreit. Seine Tante habe die Nachricht seinem Vater überbringen wollen – und fand ihn tot in seiner Wohnung. „Mein Bruder ist vor Gram gestorben und hat seinen Sohn nicht zurückkehren sehen“, sagte sie. „In der Nacht vor Almogs Rückkehr hat sein Herz aufgehört zu schlagen.“ ■