„Russland schürt Angst“

DHL-Absturz bei Vilnius: Sicherheitsdienste warnen vor Russland

Noch steht die Ursache des tödlichen Absturzes einer Frachtmaschine im Auftrag von DHL nicht fest, doch Sicherheitsexperten warnen vor gezielter Verunsicherung durch Russland.

Author - Joane Studnik
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Einsatzkräfte an der Absturzstelle nahe Vilnius: Die abgestürzte Maschine war dort auf ein Haus gekracht.
Einsatzkräfte an der Absturzstelle nahe Vilnius: Die abgestürzte Maschine war dort auf ein Haus gekracht.dpa/AP/Mindaugas Kulbis

Der Absturz einer Frachtmaschine der spanischen Airline Swiftair im Auftrag von DHL nahe der litauischen Hauptstadt Vilnius beschäftigt Sicherheitsexperten: Auf derselben Verbindung Vilnius-Leipzig hatte es im Juli einen Vorfall gegeben, bei der nur durch großes Glück niemand zu Schaden kam: Ein in einem Paket versteckter Brandsatz fing nicht in der Luft Feuer, sondern im DHL-Logistikzentrum Leipzig-Schkeuditz.

CDU-Verteidigungsexperte: Russland schürt „Verunsicherung und Angst“

Zwar ist die Ursache des Unglücks vom Montag noch unklar, selbst wenn es kein Anschlag gewesen sein sollte, erzeugt der Vorfall in den sozialen Medien und in den Köpfen der Menschen Verunsicherung. Genau darauf ziele Russland mit seiner Strategie ab, „Verunsicherung und Angst“ zu schüren, so CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter. Das russische Regime  führe einen hybriden Krieg gegen uns, so Kiesewetter am Montagmorgen im Deutschlandfunk. Sollte es sich herausstellen, dass der Absturz der Maschine am Montag durch einen Brandsatz verursacht wurde, müssten die Nato-Staaten nach Artikel 4 des Bündnisvertrages Konsulationen vornehmen und gegebenenfalls öffentlich machen, dass „wir in die Nähe eines Spannungsfalls kommen“, so Kiesewetter.

Genau das wollten Sicherheitsbehörden bislang vermeiden: Im August warnten deutsche Sicherheitsbehörden nicht öffentlich, sondern zunächst vertraulich vor „unkonventionellen Brandsätzen“, die von Unbekannten über Frachtdienstleister verschickt werden. Der konkrete Anlass der Mitteilung, die Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und das Bundeskriminalamt (BKA) gemeinsam gezielt an Unternehmen aus der Luftfahrt- und Logistikbranche richteten, kam erst durch Recherchen des SWR im September ans Licht. Demnach war es Ermittlern gelungen, den tatsächlichen Absender der aufgegebenen Pakete mit dem Brandsatz in Litauen aufzuspüren. Die Sendungen waren unter einem falschen Namen aufgegeben worden. Eine weitere Spur der litauischen Behörden führte nach Polen, wo ein weiterer Tatverdächtiger festgenommen wurde.

Brandanschlag auf DHL: Behörden erwähnen Russland nicht offiziell als Drahtzieher

BFV und BKA machten den Vorfall weder öffentlich, noch erwähnten sie Russland als mutmaßlichen Drahtzieher derartiger Anschläge. Doch genau das bestätigen Sicherheitsexperten, die den Brandanschlag auf DHL in einem Zusammenhang sehen mit anderen Vorfällen: So griffen Feldjäger im Oktober einen Russen auf, der sich auf auf ein Übungsgelände der Bundeswehr in Gardelegen in Sachsen-Anhalt „verirrt“ haben wollte. Im August mussten mehrere Standorte der Bundeswehr nach Ausspähversuchen abgeriegelt werden. Zuvor hatte CNN auf einen vereitelten Anschlag auf den Chef des Rüstungskonzerns Rheinmetall, Armin Papperger, berichtet.

Auch in diesem Fall hatten die Behörden Russland nicht ausdrücklich als Drahtzieher bekannt. Der langjährige Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) Gerhard Conrad sprach in der ARD allerdings von sehr ernstzunehmenden Hinweisen, aufgrund derer die Sicherheit für den Unternehmenschef erhöht wurde. Russland führe gegen Deutschland einen hybriden Krieg, „dazu gehört die Verunsicherung des Gegners“, in diesem Falle die deutsche Regierung, so Conrad. ■