Eine Beziehung zu beenden, kann ein ganz schön großer Schritt sein. Ein Leben ohne den Partner kann Angst machen, egal auf welcher Seite man sitzt. Und natürlich ist da der große Angstmoment: Das Trennungsgespräch selbst. Viele Menschen zögern es hinaus, aus Angst davor, sich im Schlechten zu trennen. Sandra Günther, erfahrene Anwältin für Scheidungs-, Familien- und Strafrecht, hat schon viele Paare durch Trennungen begleitet und sprach mit Watson darüber, was eine gute Trennung ausmacht und wie man dabei möglichst wenig Schaden anrichtet.
Eine gute Trennung braucht gute Vorbereitung
Vorbereitung ist auch bei der Trennung das A und O. Idealerweise sollte eine Trennung gut durchdacht sein und nicht in einem Moment der Wut geschehen. Bevor Sie also mit Ihrem Partner darüber reden, sollten Sie sich erst mal im Klaren darüber werden, warum Sie sich trennen wollen. „Da gibt es ja verschiedene Gründe von sexueller Gesinnung, über Fremdgehen bis hin zum Entlieben“, erklärt Sandra Günther. Haben Sie sich zum Beispiel entliebt, wird das den anderen kränken. Darauf muss man vorbereitet sein.
Außerdem müssen logistische Sachen geklärt sein. Stellen Sie sicher, dass Sie ein eigenes Konto haben und einen möglichen Wohnort in Aussicht haben – notfalls übergangshalber auch bei Familie oder Freunden. Das ist besonders wichtig, wenn Kinder involviert sind. Überhaupt erfordern Kinder ein höheres Maß an Planung: „Was ist mit dem Kindergeld, dem Unterhalt, dem Zugewinn? Das muss man alles im Blick haben, um am Ende doch eine saubere Trennung hinzubekommen.“
Den richtigen Zeitpunkt zur Trennung wählen
Wann der richtige Zeitpunkt kommt, muss man selbst fühlen – und auf das Bauchgefühl hören. Die einzige Ausnahme laut Günther: „Wenn Gewalt im Spiel ist, dann sollte man sich so schnell wie möglich vom Acker machen. Denn eine Ohrfeige ist in der Regel der Anfang von ganz vielen anderen Dingen. Ich habe auch schon Mandantinnen gehabt, die gestorben sind.“ Sind die Gefühle erst mal aufgepeitscht und hat man Angst vor Gewalt, geht die eigene Sicherheit gegenüber einer „guten“ Trennung vor.
Wenn Gewalt aber kein unmittelbares Problem im Trennungsprozess ist, liegt der richtige Zeitpunkt im eigenen Ermessen. Loten Sie für sich und Ihren Partner aus, wann der beste Zeitpunkt für ein klärendes Gespräch ist. Wenn Sie oder Ihr Partner einen anstrengenden Arbeitstag hinter sich haben, unausgeschlafen sind oder gerade der Lieblings-Fußballverein verloren hat, kann es schwer sein, im Anschluss ein vernunftgesteuertes Gespräch zu führen. Seien Sie gerade bei einer längeren Beziehung darauf vorbereitet, dass eine Trennung mehr als nur ein einfaches Gespräch ist. „Das ist teilweise ein unheimlich langer Prozess, bis so eine Trennung im Gehirn ankommt.“

Was bedeutet eigentlich eine „gute“ Trennung?
Dass eine Trennung „im Guten“ wichtig ist, würden wohl die meisten sagen, aber was das genau bedeutet, darüber herrscht Unklarheit. Eine „gute“ Trennung bedeutet nicht, dass man danach sofort dick befreundet ist. „Eine gute Trennung ist es, wenn man noch miteinander sprechen kann. Wenn man sagen kann: ‚Ich bin okay damit. Es ist zwar schade und traurig, aber es ist kein Versagen‘“, erklärt Günther. Gesund ist es, eine Trennung oder Scheidung nicht grundsätzlich als etwas Schlimmes zu sehen, sondern zu akzeptieren, dass man nicht steuern kann, wie sich Gefühle entwickeln.
Wenn man sich noch in die Augen schauen und für die eigenen Kinder mit elterlicher Sorge kümmern kann, um den Leidensdruck für sie zu verringern, dann ist es eine friedliche Trennung. Anwälte können bei einer guten Scheidung helfen, aber nicht jeder. „Es gibt aber auch Kolleginnen und Kollegen, die machen da richtig Krawall. Das schürt das Ganze noch weiter“, so Günther.
Vor allem für Kinder ist eine „gute“ Trennung wichtig. Ohne Kinder ist es schön, wenn man sich in Einigkeit trennt, aber bei Kindern kann eine Trennung große Auswirkungen haben. „Ein Paar bist du vielleicht für eine Weile, aber Eltern ist man fürs Leben und da muss man schauen, wie man das für die Kinder gestaltet.“ Themen wie Umgang müssen geklärt werden, und eventuell muss man damit leben, dass neue Partner ins Leben der Kinder kommen. Da ist es unbedingt notwendig, dass man miteinander noch kommunizieren kann.
Nach der Trennung in Freundschaft verbleiben
Ist das Gespräch einmal hinter einem und die Trennung in trockenen Tüchern, bleibt nur noch die Frage: Freunde bleiben oder Kontakt ganz abbrechen? Sandra Günther spricht aus Erfahrung: „Von den ganzen Leuten, die ich erlebt habe, sind es vielleicht 15 Prozent, wenn überhaupt, die nach einer Trennung noch befreundet sein können. Es scheitert spätestens dann, wenn einer einen neuen Partner hat.“
Auch viele, die zuerst dachten, dass sie mit einer freundschaftlichen Beziehung nach der Trennung zurechtkommen, würden ihre Haltung häufig überdenken, wenn der oder die Neue im Leben des anderen ist. Auf der anderen Seite sind es vor allem Eltern, die sich im Guten getrennt haben, die es durch ihre Kinder langfristig schaffen, eine Freundschaft aufzubauen.
Wenn das schlechte Gewissen nagt
Selbst wenn die Beziehung und die Trennung gut verläuft, erschleichen sie doch jeden, der sich von seinem Partner trennt: die Schuldgefühle. Auch, wenn man eigentlich weiß, dass sie nutzlos sind, hat man doch oft ein schlechtes Gewissen, wenn man sich von seinem Partner trennen will oder getrennt hat. Sandra Günthers rät ihren Mandanten mit Gewissensbissen: „Hören Sie auf, sich die Schuld zuzuschieben, es betrifft immer beide.“
Kommt es zu einer Scheidung, wird die Schuldfrage vor Gericht übrigens glücklicherweise seit einer Reform nicht mehr thematisiert, und die eigenen Schuldgefühle machen das Leben Ihres ehemaligen Partners in der Regel auch nicht einfacher. Sandra Günther: „Wir haben alle nur ein Leben und wenn man merkt, dass es nicht mehr geht, dann geht es halt nicht.“ ■