Der Attentäter vom Holocaust-Mahnmal griff einen Touristen aus Spanien an, schnitt ihm in den Hals. Die Ankläger: Er wollte Juden töten. Für sein Opfer ist nichts mehr wie zuvor.
Neun Monate später der Prozess gegen Wassim Al M. (19). Vermummt mit Mütze, Sonnenbrille und Schal saß der Syrer zunächst auf der Anklagebank. Sein Gesicht zeigte er erst, als Fotografen den Saal verlassen hatten. Ein schmaler Typ, unsicherer Blick - der „Salafistenbart“, den er getragen haben soll, ist ab.
Morden für den Islamischen Staat (IS)
Er reiste am 21. Februar von Leipzig nach Berlin, um im Namen des „Islamischen Staats“ (IS) zu töten. Davon ist die Bundesanwaltschaft überzeugt. Eine radikal-islamistische und antisemitisch motivierte Tat. Al M. wird versuchter Mord, gefährliche Körperverletzung und versuchte Mitgliedschaft in einer Terror-Organisation vorgeworfen.
Die hinterhältige Attacke gegen 18 Uhr. Im Stelenfeld des Denkmals für die ermordeten Juden Europas wird Spanier Iker M. (31) von hinten gepackt. Der Täter will ihm die Kehle aufschlitzen, verletzt ihn durch einen 14 Zentimeter langen Schnitt lebensgefährlich.
Der Verletzte will nur weg. Der Messer-Terrorist aber setzt nach, trifft im Gesicht – sechseinhalb Zentimeter lang die Wunde. „Allahu Akbar“ (auf Deutsch „Gott ist groß“) brüllt der Angreifer.

Iker M., damals mit zwei Freunden an der Gedenkstätte nahe dem Brandenburger Tor, ist nun Nebenkläger. Ein Ernährungswissenschaftler, tätig im Sportbereich und selbst ein begeisterter Sportler. Jüdischen Glaubens ist er nicht.
Opfer bis heute gezeichnet – Islamist sagt kein Wort
Nur durch das schnelle Eingreifen von Helfern überlebte er. Doch er wurde aus dem Alltag gerissen. Sein Anwalt: „Er ist erheblich traumatisiert, kann an vielen Aktivitäten im normalen Leben nicht teilnehmen.“
Bis heute ist er nicht arbeitsfähig. Doch am 3. Dezember wird Iker M. nach Berlin kommen, um auszusagen. Sein Anwalt: „Er will, dass die Hintergründe der Tat aufgeklärt werden und er versteht, warum der Angeklagte das gemacht hat.“
Von Wassim Al M. aber kein Wort am ersten Prozesstag. Sein Anwalt: „Ich habe ihm geraten, zunächst zu schweigen.“ Die Beweise wohl erdrückend: Zweieinhalb Stunden nach dem Attentat wurde der junge Syrer abgeführt –seine Hände waren blutverschmiert, im Rucksack ein Jagdmesser, ein Gebetsteppich, ein Koran.
Syrer wohnte in Leipziger Flüchtlingsheim
Er hatte Syrien einen Tag nach seinem 17. Geburtstag verlassen, nahm mit seinem jüngeren Bruder die Balkanroute. Im Mai 2023 kam Wassim Al M. in Deutschland an, wohnte in einer Flüchtlingsunterkunft in Leipzig.
Al M. soll im Asylverfahren von Folter in der Heimat gesprochen haben. Er erhielt befristeten Aufenthalt bis Ende 2026. Doch dann radikalisierte er sich übers Internet. Kurz vor der Tat soll er übers Handy ein Foto von sich an IS-Mitglieder geschickt, sich als Mitglied angedient haben.




