Ein Brückenteufel warf einen E-Scooter mit voller Wucht in den fließenden Verkehr der Bundesstraße B1. Wie durch ein Wunder kam es in Berlin-Alt-Friedrichsfelde nicht zum Horror-Crash.
Rund fünf Monate später der Prozess gegen Ronny B. (44) vor dem Berliner Landgericht. Er soll einen 29 Kilo schweren E-Roller in die Tiefe geschleudert haben – aus Ärger über E-Roller? Der Staatsanwalt geht von einem Mordversuch aus. Außerdem lautet die Anklage auf gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr.
12. Juni auf der Gensinger Brücke. Ein Montag – auf der B1 darunter wie üblich viel los. Gegen 9.10 Uhr packt ein Mann einen E-Roller einer Vermietungsfirma, hievt ihn übers Geländer.
Ein Auto entkam nur knapp. Die Anklage: „Eine auf der linken der drei Fahrspuren in einem silbernen Mercedes fahrende Person konnte nur durch starkes Bremsen und ein Ausweichen auf die mittlere Spur einen Zusammenstoß mit dem E-Roller verhindern.“
E-Scooter-Hasser Ronny B. sitzt im weißen Hemd im Gerichtssaal
Ronny B. nun im weißen Hemd auf der Anklagebank. Ein auffälliges Kreuz an seiner Halskette. Strafrechtlich kein Heiliger: Elf Eintragungen im Register soll er sich bereits eingehandelt haben. Verurteilt wegen Raubes, Verstoßes gegen das Waffengesetz, wegen Körperverletzung, Fahrens ohne Führerschein. Er soll Drogen konsumiert haben.
Zwei Wochen nach dem wahnsinnigen Wurf auf die B1 wurde B. – gelernter Maurer, zuletzt arbeitssuchend – festgenommen. Seitdem sitzt er in U-Haft, schwieg gegenüber der Polizei, äußerte sich allerdings später gegenüber einer psychiatrischen Gutachterin.
Der Schock, wenn plötzlich ein Gegenstand von einer Brücke auf die Straße geworfen wird. Bereits seit Jahrzehnten kommt es immer wieder zu ähnlichen Horror-Vorfällen. Eine der schlimmsten Taten ereignete sich im Februar 2000 in Darmstadt. Damals töteten drei 14- bis 18-Jährige durch Steinwürfe auf Autos zwei Frauen und verletzten fünf weitere Personen. Die Täter wurden später wegen versuchten Mordes zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Lange Haftstrafe droht E-Scooter-Hasser Ronny B.
Eine ähnliche Attacke sorgte am Ostersonntag 2008 bundesweit für Entsetzen: Ein von einer Autobahnbrücke bei Oldenburg geworfener sechs Kilo schwerer Holzklotz durchschlug die Scheibe eines Autos und tötete eine 33-jährige Mutter vor den Augen ihrer beiden Kinder und ihres Mannes. Ein Gericht verurteilte den damals 31 Jahre alten Täter zu lebenslanger Haft.
Schreckliche Taten, zu denen es laut Kriminalpsychologen oft aus einer spontanen Eingebung heraus kommt. Ronny B. soll sich im Vorfeld über abgestellte E-Scooter geärgert haben. Schnell wurde er als Verdächtiger ausgemacht – insbesondere durch die Auswertung von DNA-Spuren am Roller und Angaben von Augenzeugen.
Der Staatsanwalt geht von einer heimtückischen Tat mit gemeingefährlichen Mitteln aus. B. sei bei der Tat bewusst gewesen, dass es im Falle einer Kollision mit dem schweren E-Roller oder wegen eines Ausweichmanövers auch zu einem tödlichen Unfall hätte kommen können – „was ihm jedoch gleichgültig war“.
B. droht eine langjährige Haft. Er will heute am 2. Prozesstag aussagen.■