Es geschah im Bürgerpark

Blick in die Seele des Mannes, der Anissa (5) getötet haben soll

Vor Gericht sagten die Experten aus. Der Angeklagte Gökdeniz A. spielte mit seiner Nichte mit Barbie-Puppen, liebte Kinderfilme. Wird er nun weggesperrt?

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Blumen, Kerzen und Plüschtiere legten Berliner an den Ort im Berliner Bürgerpark Pankow, wo im Februar 2023 die leblose Anissa gefunden wurde. Sie starb an den Folgen ihrer Verletzungen im Krankenhaus.
Blumen, Kerzen und Plüschtiere legten Berliner an den Ort im Berliner Bürgerpark Pankow, wo im Februar 2023 die leblose Anissa gefunden wurde. Sie starb an den Folgen ihrer Verletzungen im Krankenhaus.Volkmar Otto

Er liebt Kinderfilme, spielt gern mit seiner kleinen Nichte mit Barbie-Puppen. Doch Gökdeniz A. (20) hat eine schreckliche Seite.

13. Tag im Prozess um den Tod der kleinen Anissa (5). Sie wurde im Bürgerpark Pankow mit einem Messer attackiert – sieben Mal soll Gökdeniz A., damals Babysitter für Anissa und ihre drei kleinen Schwestern, auf das Mädchen eingestochen haben.

Die Staatsanwältin: „Ohne Behandlung ist von gleichgelagerten Taten in Situationen emotionaler Überforderung auszugehen.“ Er sei derzeit „extrem gefährlich für die Allgemeinheit.“ Sie beantragte neun Jahre Jugendhaft wegen Totschlags und Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Spuren hätten A. zweifelsfrei überführt – „doch die Motive konnten wir nicht aufklären“.

Rundes Gesicht, Mund halb geöffnet und schweigend – so sitzt A. auf der Anklagebank. Keinen Schulabschluss, keinen Beruf erlernt, polizeilich mehrmals aufgefallen. Regungslos blieb er, als 200 Bilder der Obduktion gezeigt wurden.

Februar 2023: Erst wurde nach Anissa gesucht, dann fand man im Bürgerpark Pankow ihren leblosen Körper. Die Spurensicherung untersucht den Tatort.
Februar 2023: Erst wurde nach Anissa gesucht, dann fand man im Bürgerpark Pankow ihren leblosen Körper. Die Spurensicherung untersucht den Tatort.Pudwell

Fall Anissa: Psychiaterin geht bei dem Angeklagten von verminderter Steuerungsfähigkeit aus

Eine Intelligenzminderung wurde bei A. festgestellt – eine Psychiaterin ging von verminderter Steuerungsfähigkeit aus. In Schulberichten ist von psychosozialen Fehlentwicklungen und Verhaltensauffälligkeiten zu lesen. Die Staatsanwältin: „Eine Steigerung der Aggressivität ist zu erkennen.“

Eine Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe (JGH) gab Einblicke in das Leben und die Seele des Angeklagten. Gemobbt in der Schule, weil er dick war. Lernprobleme, auch als Jugendlicher kindlich im Verhalten: „Spielte in der Freizeit mit seiner kleinen Nichte Barbie-Puppen, malt gern, liebt Kinderfilme.“ Eine OP sorgte dafür, dass er stark abnahm.

Die JGH-Mitarbeiterin: „Die Grundregeln des menschlichen Zusammenlebens kennt er sehr wohl, inwieweit er sich steuern kann, weiß ich aber nicht.“ Eine therapeutische Betreuung wäre aus ihrer Sicht sinnvoll und könnte zu einer „Nachreife“ führen. In der Jugendhaft müsse so einer wie A. allerdings geschützt werden – „er wäre ganz unten“.

Der 21. Februar. Gökdeniz A. war wieder einmal bei der vierfachen Mutter in Pankow, die er aus der Schulzeit kannte. Ein Anwalt: „Eine eingebildete Liebesbeziehung.“ Als sie ihn am Tattag mit den kleinen Mädchen zum Spielplatz schickte, sei ihm „schmerzlich klar geworden, dass es nicht klappt.“

Um 13 Uhr machten sie sich auf zum Spielplatz hinter dem Rathaus-Center Pankow. Der Babysitter soll gegen 15 Uhr mit Anissa an der Hand weggegangen sein. Weil ihre kleinen Geschwister allein waren, alarmierten Zeugen die Polizei.