Weihnachten – Fest der Diebe

Immer mehr Schnaps- und Wurstdiebe unter den Langfingern

Die Inflation steigt wieder und die Weihnachtsdeko lockt: Ladendiebe laufen im Advent zur Hochform auf. Nicht unbedingt zur Freude des Handels.

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Ein Dieb klaut eine Flasche Alkohol (Symbolfoto).
Ein Dieb klaut eine Flasche Alkohol (Symbolfoto).C3 Pictures/imago

Weihnachtszeit ist Langfingerzeit. Das merkt jetzt auch der Einzelhandel. Die Sicherheitslage wird im Advent zunehmend krasser. Besonders in Geschäften, wo Sicherheitsdienste wie die Schöneberger Firma Safe City tätig sind, häufen sich die Vorfälle.

Ein jüngstes Beispiel zeigt, wie riskant der Job als Wachmann sein kann: Zwei Mitarbeiter wurden während ihrer Schicht in einem Geschäft überfallen und im Keller eingesperrt, schreibt die Berliner Zeitung (Bezahlschranke). Glücklicherweise blieben sie körperlich unversehrt. Doch solche Zwischenfälle werfen ein Schlaglicht auf die Gefahren, mit denen das Wachpersonal zu kämpfen hat. Und im Advent besonders.

Ladendiebstähle haben in Berlin stark zugenommen, berichtet Safe City. Während in Neukölln vor allem Jugendliche beim Klauen erwischt werden, treiben in Zehlendorf obdachlose Drogenabhängige ihr Unwesen in Geschäften.

Im Szene-Bezirk Prenzlauer Berg fallen vermehrt professionelle Banden auf, die arbeitsteilig vorgehen. Sie organisieren ihre Coups präzise, spähen Fluchtwege aus und arbeiten Hand in Hand, um unbemerkt Waren zu klauen.

Ladendiebe teils hochorganisiert

Besonders begehrt sind teure Produkte wie Kaffee, Olivenöl, Schnaps und Parfüm. Diese verschwinden zwar häufig hinter Glastüren oder werden mit piependen Sicherheitsetiketten versehen. Doch selbst modernste Maßnahmen scheinen nicht auszureichen. Immer mehr Diebe nutzen Schwachstellen, wie etwa die immer beliebteren Selbstbedienungskassen.

Laut einer Studie des Handelsforschungsinstituts EHI Retail steigen die Diebstähle an diesen Kassen um bis zu 30 Prozent. Trotzdem setzen viele Läden darauf, um Personalkosten zu senken und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Die Weihnachtsdeko im Handel zieht Diebe magisch an.
Die Weihnachtsdeko im Handel zieht Diebe magisch an.Seeliger/imago

Die Folgen dieser Entwicklungen sind alarmierend. Die Zahl der angezeigten Ladendiebstähle stieg allein in Berlin 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 5127 Fälle auf 39.149, das sind mehr als 15 Prozent. Bundesweit wurden über 426.000 Fälle registriert – der höchste Stand seit fast zwei Jahrzehnten. Doch Experten schätzen, dass nur ein Bruchteil der Diebstähle tatsächlich angezeigt wird.

Der Schaden für den Einzelhandel belief sich auf rund 2,8 Milliarden Euro im Jahr 2023. Hinzu kamen Inventurverluste in Höhe von 4,6 Milliarden Euro, für die oft keine plausible Erklärung gefunden wird. Neben Kunden geraten übrigens auch Lieferanten und Mitarbeiter ins Visier der Ermittlungen.

Inflation als Motor des Ladendiebstahls

Und: Nicht nur der Einzelhandel, sondern auch der Staat zahlt einen hohen Preis: Mehrwertsteuereinnahmen in Höhe von einer halben Milliarde Euro gingen durch Diebstahl verloren. Die steigenden Sicherheitskosten wiederum treiben die Preise für Verbraucher in die Höhe – ein bitterer Beigeschmack in Zeiten hoher Inflation.

Übrigens: Auch die Inflation ist ein Motor des Ladendiebstahls. Hinweise dafür sind ein Anstieg beim Diebstahl von Fleischwaren und Molkereiprodukten.

Doch nicht nur die zunehmenden Diebstähle, sondern auch die schleppende Strafverfolgung sorgen für Frust. Der Handelsverband kritisiert, dass Verfahren oft zu lange dauern und Strafen nicht abschreckend genug sind. „Es vergeht zu viel Zeit zwischen einer Anzeige und einem Verfahren“, zitiert die Berliner Zeitung Phillip Haverkamp, den Geschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg (HBB).

Besonders zur Weihnachtszeit, wenn die Geschäfte im Trubel des Geschenkekaufs überlaufen, stehen Ladendetektive vor einer Mammutaufgabe. Die Jagd nach den Tätern wird dann zu einem Wettlauf gegen die Zeit – bis an Heiligabend die letzten Geschäfte ihre Türen schließen. ■