„Wir im Osten“

Wann waren Sie das letzte Mal auf dem Fernsehturm?

Es wird Zeit, viele Sehenswürdigkeiten, die wir gut zu kennen glauben, wieder einmal zu besuchen. Ostern wäre eine gute Gelegenheit dazu, meint unser Autor.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Der Berliner Fernsehturm im östlichen Zentrum der Stadt: Fast jeder kennt ihn. Doch wie lange haben so manche Berliner das 368 Meter hohe Wahrzeichen nicht mehr besucht?
Der Berliner Fernsehturm im östlichen Zentrum der Stadt: Fast jeder kennt ihn. Doch wie lange haben so manche Berliner das 368 Meter hohe Wahrzeichen nicht mehr besucht?Christian Spicker/imago

„Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden, belebenden Blick“: Nun gut, so schlimm war der Winter nun nicht gerade wie noch zu Goethes Zeiten, als er den „Faust“ und den darin enthaltenen „Osterspaziergang“ schrieb. Aber es wird Zeit, einmal darüber nachzudenken, wie man seinen Osterspaziergang in diesem Jahr plant. Denn die Feiertage sind nicht mehr weit.

Es wäre doch nicht schlecht, einige Orte in seiner Heimat zu entdecken, ja sogar wiederzuentdecken, auch wenn man meint, alles schon zu kennen. Doch ist das wirklich so?

Nehmen wir einmal das höchste Wahrzeichen Berlins als Beispiel. Wann waren Sie das letzte Mal auf dem Fernsehturm? Ich hörte diese Frage neulich von zwei Damen in der S-Bahn. Wirklich, ich musste lange überlegen, bis mir einfiel, wann das bei mir der Fall war. Ehrlich, mein letztes Mal ist schon über zehn Jahre her. Damals war ich mit meinem Sohn und meinem Vater während der Winterferien auf dem Fernsehturm.

Wie ich im KURIER nun las, hat sich da oben so einiges verändert. Das drehende Restaurant gibt es immer noch. Aber eine Etage tiefer wurde die Bar neu gestaltet. Es gibt dort sogar leckere Cocktails zu schlürfen. Der Aufzug nach oben soll jetzt so wirken, als befände man sich am Bord des Raumschiffs Enterprise.

Selbst der Ausblick vom Fernsehturm auf die Hauptstadt ist nicht mehr ganz derselbe. Denn auch unser Berlin hat sich in dieser Zeit verändert. So stand damals das Humboldt-Forum, sprich die wiederaufgebaute Berliner Schlossfassade, noch nicht im vollen Glanz so wie heute.

Auch ein anderer Turm im Osten der Stadt hätte mal wieder einen Besuch verdient. Ich meine den Müggelturm, auf dem ich mit meinen Eltern in der Kindheit oft war. Als Erwachsener hat es mich dorthin kaum noch getrieben.  Dazu muss man auch sagen, dass dieses Wahrzeichen aufgrund vieler Streitereien und planerischer Misserfolge ewig nicht zugänglich war.

Nun steht der Müggelturm aber seit einigen Jahren schön saniert da, ist für Ausflügler längst wieder offen. Dennoch reiste ich lieber in der ganzen Welt umher, als dem Bauwerk im Köpenicker Naherholungsgebiet einen Besuch abzustatten. Ich kannte den Müggelturm ja bereits.

Fernsehturm, Müggelturm und das Schiffshebewerk sind einen Besuch wert

Der Müggelturm ist ein weiteres Wahrzeichen des Berliner Ostens.
Der Müggelturm ist ein weiteres Wahrzeichen des Berliner Ostens.Matthias Koch/imago

Nur wie es dort jetzt aussieht, weiß ich leider nicht. Stimmt nicht ganz, schließlich war ich später auch mal dienstlich da, als der dortige Eigentümer plante, einen Zwillings-Müggelturm zu bauen – als Bauwerk für einen Fahrstuhl, damit die Besucher nicht die vielen Treppen zum Originalturm hinaufsteigen müssen.

Umgesetzt wurde dieser verwegene Zwillingsturm-Plan übrigens bis heute nicht. Und ich habe meine Zweifel, ob daraus überhaupt noch etwas wird.

Ein Ausflugsschiff kommt aus dem neuen Schiffshebewerk in Niederfinow gefahren. Rechts ist das alte Schiffshebewerk zu sehen.
Ein Ausflugsschiff kommt aus dem neuen Schiffshebewerk in Niederfinow gefahren. Rechts ist das alte Schiffshebewerk zu sehen.Patrick Pleul/dpa

Hoch hinaus in meiner Kindheit ging es auch mit meinen Eltern beim Besuch des Schiffshebewerkes in Niederfinow. Gut, das kennt man, muss man nicht wieder hin. Doch mittlerweile steht neben dem vor genau 90 Jahren errichteten technischen Meisterwerk ein neues Schiffshebewerk, das man ebenfalls besuchen kann. Seit 4. März steht es wieder für Führungen offen, bei denen man auch das alte Schmuckstück deutscher Ingenieurskunst bewundern kann.

Also, wenn Sie noch nicht wissen sollten, wohin Sie Ihr Osterspaziergang in diesem Jahr führen sollte – ich weiß es jetzt. Und ich freue mich riesig darauf und kann es kaum erwarten, Altbekanntes wieder neu zu entdecken. Es lohnt sich, da bin ich mir ganz sicher.

Norbert Koch-Klaucke schreibt jeden Freitag im KURIER über Geschichten aus dem Osten. Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com