Ich fahre auf der Landstraße durch einen Wald nördlich von Berlin. Ein beliebtes Erholungsgebiet für die Anwohner und Berliner. Sie lassen ihren Hunden freien Lauf, gehen Spazieren und sammeln im Herbst Pilze. Aber manche laden dort auch ihren Müll ab. Heute habe ich neben einem alten Schrank und einem rostigen Kanister auch einen ausrangierten Kühlschrank neben dem Straßengraben gesehen. Wer macht sowas?
Genau in dem Augenblick, als ich über diese Frage nachdenke, höre ich im Autoradio eine Meldung über den Reparaturbonus in Berlin. Die Landesregierung plant finanzielle Belohnungen für diejenigen, die defekte Haushaltsgeräte nicht entsorgen, sondern sie instand setzen lassen. Ein Teil der Rechnungskosten soll zurückgezahlt werden. Vorgesehen ist laut Umweltstaatssekretärin Britta Behrendt die Erstattung der Hälfte der Reparatur-Kosten, im Gespräch sind 75 bis 200 Euro.
Den alten „Stern“-Rekorder nochmal reparieren lassen
Das ist gut für die Umwelt, die Ressourcen und das Portemonnaie der Leute. Vor allem das älterer Menschen, die aber meist wegen ihrer Lebensgeschichte sowieso nicht dazu neigen, defekte Dinge sofort auszusortieren. Meine Mutter etwa, die einen alten „Stern“-Rekorder dreimal überholen ließ. „Nun spielt er wieder wie neu“, sagte sie das letzte Mal nach der Reparatur zufrieden. Von einem Bonus für das ihr selbstverständliche Vorgehen hatte sie bis dato noch nie gehört.
Im Juli soll das Programm in der Hauptstadt starten, erfahre ich bei der Sprecherin der Umweltverwaltung, Britta Elm. Mit einem Antrag an den Bonus zu kommen, solle so simpel wie möglich werden, berichtet sie über die Planungen. Das Verfahren solle auch niemanden ausschließen, fügt sie hinzu. Derzeit verhandle die Verwaltung mit Anbietern. Auch das Stichwort „papierlos“ fällt in unserem Gespräch.
Mir schwant dennoch, das könnte aufwändig werden. Im Internet schaue ich mir an, wie die Sachsen, bei denen es den Reparaturbonus schon länger gibt, das Problem gelöst haben. Nachdem ich mich durchgeklickt habe, ist mir klar, das funktioniert nur digital und ist selbst da nicht wirklich „simpel“.
Denkt auch an die Älteren, die kein Internet haben!
Ich rufe unsere Leserin Ursel Wenzel an. Mit ihr hatte ich schon mehrfach Kontakt, wenn ich über ältere Menschen und deren Probleme mit der Digitalisierung schrieb. Als Mitglied der Seniorenvertretung Berlin-Mitte hat sie mir in der Vergangenheit ihr Herz darüber ausgeschüttet, dass es für Ältere inzwischen schwierig bis unmöglich sei, einen Arzttermin zu buchen, eine Sondergenehmigung für einen Parkplatz in der Parkbewirtschaftungszone zu bekommen oder den Termin für eine Bahnfahrt zu verschieben. Weil alles fast nur noch im Internet möglich ist.
Den Reparaturbonus findet Frau Wenzel klasse. Sie kennt viele Senioren, für die es außer Frage steht, dass sie kaputte Dinge reparieren lassen. Deshalb hat sie einen nachdrücklichen Wunsch an die Planer: Denkt auch an die Älteren ohne Internet. Bitte nicht nur online!
Claudia Pietsch schreibt montags im KURIER über Berliner und Brandenburger Befindlichkeiten.
Kontakt zur Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com ■
