KURIER-Kolumne „Wir im Osten“

Nach Löwin in Berlin: Jetzt wird im Osten aber auch jede Sau durchs Dorf getrieben

Eine Raubkatze, die keine war, sorgte für Schlagzeilen. Nun ziehen auch andere Kommunen mit der Jagd auf tierische Exoten nach. 

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Da lacht das Schwein: Nach der vermeintlichen Löwin-Suche wird auch andernorts so manche Sau als wildes Tier durchs Dorf gejagt.
Da lacht das Schwein: Nach der vermeintlichen Löwin-Suche wird auch andernorts so manche Sau als wildes Tier durchs Dorf gejagt.inigmage/Imago

Haben Sie kürzlich auch diesen ungeheuerlichen Knall gehört? Gleich drei Mal krachte es an einem Nachmittag im Umland von Potsdam. In den Sozialen Medien vermutete man eine schreckliche Explosion. Aufgeregte Menschen riefen sofort bei Polizei und Feuerwehr an. Am Ende stellte sich heraus, dass die „Explosionen“ von einem Kampfjet der Bundeswehr stammten, der bei einem Übungsflug über Brandenburg drei Mal die Schallmauer durchbrochen hatte.

Die ganze Aufregung erinnerte mich mächtig an die Jagd nach der Löwin, die vor einer Woche angeblich in Kleinmachnow bis hinein ins Berliner Stadtgebiet ihr Unwesen trieb. Was immer da auf einem Videoschnipsel eines Hobbyfilmers zu sehen war – wir wissen nun, dass es nicht der König der Tiere war, der sich in unserer Heimat verirrt hatte, vielleicht war es eher noch ein Wildschwein.

Ehrlich, so eine wilde Mieze hätte mir auch keine Angst gemacht. Ich fürchte mich eher davor, dass nach der „Löwin von Berlin“ nun bei uns aber auch jede Sau durch die Dörfer gejagt wird, als wollte man der ganzen Welt zeigen, dass auch andere Regionen etwas Exotisches aus der Reihe „Menschen, Tiere, Sensationen“ zu bieten haben.

So wurde aus Fürstenwalde ausführlich berichtet, dass dort die Feuerwehr ebenfalls auf der Suche nach einem gefährlichen Tier war, während ihre Potsdamer und Berliner Kollegen noch die vermeintliche Löwin jagten. Allerdings kamen in Fürstenwalde keine Hubschrauber und Drohnen zum Einsatz. Es reichte ein simpler Kescher, mit dem die Feuerwehrleute eine Würgeschlange einfingen, die plötzlich auf einer Straße herumschlängelte.

Dieser Videoausschnitt sorgte in Kleinmachnow und im Süden Berlins für Aufregung, der angeblich eine Löwin zeigte.
Dieser Videoausschnitt sorgte in Kleinmachnow und im Süden Berlins für Aufregung, der angeblich eine Löwin zeigte.Screenshot Twitter

Nach Löwin-Jagd: In Fürstenwalde sucht Feuerwehr eine Würgeschlange

Eine nordamerikanische Kornnatter, die offenbar auch niemand vermisste. Obwohl diese Schlangen nicht giftig und für Menschen ungefährlich sind, dass in Fürstenwalde gefundene Exemplar auch nur 40 Zentimeter maß, war die Aufregung in dem brandenburgischen Städtchen groß.

Eine Löwin, die keine ist, und eine ungefährliche Schlange – da frage ich mich doch, ob man das noch überbieten kann. Vielleicht mit einem Wolf, der in Ostdeutschland nun wahrlich nichts ungewöhnliches ist, oder mit einem Bären, den man nun durch das nächste Dorf jagt?

Die Antwort darauf ließ nicht lange warten. Vom „Löwen-Fieber“ gepackt, rätselte man einige Tage lang in der Uckermark über ein „unbekanntes Wildtier“, das am Milower See entdeckt wurde, wie ich im Nordkurier lesen durfte. Ein Hobbyfotograf hatte es vor die Linse bekommen.

Eine Kornnatter: So eine Würgeschlange sorgte in Fürstenwalde für Aufregung.
Eine Kornnatter: So eine Würgeschlange sorgte in Fürstenwalde für Aufregung.Creative Touch Imaging Ltd/Imago

Nach Löwin-Fake: In der Uckermark taucht „unbekanntes Wildtier“ auf

Das Tier auf dem veröffentlichten Foto fand ich alles andere als außergewöhnlich und angsteinflößend. Das Vieh erinnerte mich mehr an einem Waschbären oder an eine norwegische Wildkatze. Also nichts Aufregendes – dennoch beschäftigte das Pelztier die Menschen, nicht nur in der Uckermark. Auch Berliner rätselten mit, schließlich ging es ja hier nicht um einen Löwen.

Das Rätsel knackte laut Nordkurier der Stadtförster von Templin: Das unbekannte wilde Wesen entpuppte sich als junger Marderhund. Die waschbärenähnlichen Tiere stammen ursprünglich aus Asien. In Russland wurden sie wegen ihres Pelzes gezüchtet. Laut Umweltbundesamt wurden 1961 die ersten Marderhunde im Osten Deutschlands gesichtet.

Nach der Löwen-Jagd in Berlin gab ein Marderhund in der Uckermark so manchen ein Rätsel auf.
Nach der Löwen-Jagd in Berlin gab ein Marderhund in der Uckermark so manchen ein Rätsel auf.Ronald Wittek/Imago

Was kommt nun? Vielleicht ein Flussmonster? Am Ufer des Griebnitzsees habe ich gerade unheimlich aufgewühlte Tierspuren entdeckt. Keine Angst, ich werde jetzt nicht die nächste wilde Sau durch die Schlagzeilen jagen. Dabei liege ich noch gar nicht einmal so falsch. Denn die Spuren stammen definitiv von Wildschweinen.

Norbert Koch-Klaucke schreibt jeden Freitag im KURIER über Geschichten aus dem Osten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com