Die beiden einzigen AC/DC-Konzerte im Osten sind vorbei. Ich war erstaunt, als ich die Berichte las, wie Zehntausende Menschen trotz überhöhter Preise und einem EM-Spiel der deutschen Elf zu den Shows der Kultband nach Dresden pilgerten. Über 77.000 Zuschauer waren es am ersten Tag, am Mittwoch fast genauso viel. Für viele gestandene Fans wurden die Konzerte zu einer Reise in ihre Jugend. Denn AC/DC und Hardrock: Das war schon zu DDR-Zeiten eine ganz besondere Sache.
Nun, ich mied die recht teuren Konzerte meiner Lieblingsband. Dafür „reiste“ ich zu der Kulturbrauerei nach Prenzlauer Berg. Passend zur AC/DC-Tour zeigt dort ein Museum, wie in der DDR die Rockmusik gehärtet wurde. Eine kleine, aber feine Ausstellung, die die Geschichte erzählt, wie der Heavy Metal und der Hardrock vor über 40 Jahren natürlich auch den Osten eroberten.

So wie die AC/DC-Fans in Dresden werde ich in der Kulturbrauerei-Schau „Heavy Metal in der DDR“ in meine Jugendzeit zurückgeholt. Ich bin begeistert. Da steht eine Jugendzimmerwand voll gepflastert mit Postern aus der Bravo da. Wie einst bei mir. Da war es ein AC/DC-Poster, das meine Oma mir 1982 aus dem Westen mitbrachte. Groß ist darauf die Bühne mit donnernden Kanonen zu sehen, die Musiker sind kaum erkennbar. Dennoch war ich begeistert.

Am Fuß der Wand steht eine Klemmmappe, in dem ein DDR-Fan alles über seine Lieblingsband AC/DC gesammelt hatte. Mensch, das hatte ich ja auch gemacht! Als im Rias in den 80ern eine Sendung über die Band lief, hatte ich sie aufgenommen, dann Wort für Wort auf einer alten Schreibmaschine abgetippt. Das alles landete bei mir auch in so einem Hefter.

In einer Vitrine erblicke ich Platten von West-Bands, die es in Ost-Berlin im polnischen Kulturzentrum zu kaufen gab. Ich besitze heute noch einen Sampler mit Gruppen wie Metallica und Anthrax. Das Album „Possessed“ der englischen Black-Metal-Band Venom, die ich auch dort gekauft hatte, ist in der Schau neben der DDR-Ausgabe des AC/DC-Albums „Highway to hell“ zu sehen.
Metal-Rock in der DDR: Berliner Schau weckt Erinnerungen
Kurz dahinter erblicke ich eine Metal-Gitarre Marke Eigenbau und Jeans-Jacken mit Aufnähern von Metalbands nebst selbstgebastelten Nietengürteln. Das muss für die Stasi-Leute erschreckend gewesen sein, die die aufkeimende Metal- und Hard-Rock-Szene in der DDR mit Argusaugen beobachtete.
Doch die „Metaller“ waren nicht zu stoppen. Schnell gab es im Land Bands, die ihre Songs auf selbstproduzierten Audiokassetten vertrieben, die man in der Ausstellung sehen kann.

Wir hatten zwar im Osten nie Metallica, Motörhead oder Iron Maiden zu Gast. Aber es gab Bands wie Babylon, Pharao oder Formel 1, die durch das Land tourten. Formel 1 war in der DDR die erste und die einzige Metal-Band, die eine LP veröffentlichen durfte. Die Songs waren zwar auf Deutsch, aber das machte nichts. Hauptsache, die Musik war laut und heftig.

So kam der harte Rocksound auch ins Ost-Radio. AC/DC-Alben wurden zum Mitschneiden gespielt. Meine armen Eltern nahmen sie auf, als ich zur Armee musste. In dieser Zeit war ich sogar froh, dass es bei DT 64 die Sendung „Tendenz hart bis heavy“ gab, in der Metal lief. West-Radio durfte man ja bekanntlich bei der „Fahne“ nicht hören.
Wer auf diese Musik steht, für den lohnt sich der Besuch der Ausstellung. Sie ist im Museum der Kulturbrauerei dienstags bis freitags von 9 bis 18 Uhr und am Wochenende von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Sollte sie Ihnen gefallen, dann schreiben Sie es mir. Ich bin gespannt!
Norbert Koch-Klaucke schreibt jeden Freitag im KURIER über Geschichten aus dem Osten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com
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