Lieber Winfried Glatzeder, muss das wirklich sein? Mit Schaudern musste ich lesen, dass Sie wieder im Dschungelcamp mitmachen. Hat die Blamage vor zehn Jahren nicht gereicht? Ehrlich, für mich waren Sie einer der besten Schauspieler der DDR und sind für mich heute einer der besten in ganz Deutschland. Ja, als Till Eulenspiegel im gleichnamigen Defa-Film haben Sie mich begeistert. Doch nun nach 2014 im Sommer-Spezial des Dschungelcamps den Narren für das Trash-TV-Publikum zu spielen – das verstehe ich nun gar nicht. So einen Fehler macht man einmal, aber nicht zum zweiten Mal!
Dabei war das vor zehn Jahren schon eine Sensation, dass Winfried Glatzeder, der ewige Paul aus dem DDR-Kultfilm „Die Legende von Paul und Paula“, in den RTL-Dschungel reiste. Für mich der Moment, in dem ich als Journalist, der auch über die Stars im Osten schreibt, nun mir diese doch recht fragwürdige Show zum ersten Mal ansehen musste. Ich kann mich noch erinnern, wie ich von Prominenten zu hören bekam, dass „Winne“ als begnadeter Schauspieler doch so einen Quatsch nicht nötig hätte.
Nun gut, für eine gesponserte Australienreise mit gutem Taschengeld, da nimmt man auch das Ekelleben eines Dschungelcamps in Kauf. Kann ich irgendwie verstehen. Schließlich war der Dschungel-Ausflug für den DDR-Star rein körperlich und finanziell ein Gewinn: „Ich habe elf Kilo abgenommen und auf zehn Jahre die Kosten meiner Gasheizung realisiert“, sagte er damals dem Magazin Bunte.
Winfried Glatzeder: Muss der zweite Dschungelcamp-Auftritt wirklich sein?

Anfangs fand ich es auch spannend, wie sich Glatzeder als echter Promi so unter den C-Promis machte (am Ende gewann ja die damals recht unbekannte Melanie Müller). Die unfreiwillig oder vielleicht doch mit Absicht gezeigte Nacktszene seiner Ganzkörperwäsche in der australischen Wildnis hatte sogar etwas so schön Provokantes. Bei so etwas kennt sich „Winne“ halt aus. Im Defa-Klassiker „Till Eulenspiegel“ zog er 40 Jahre vor dem Dschungelcamp ja auch seinen Hintern blank. 1974 sahen über eine Million Menschen seinen Allerwertesten, als der Film in die DDR-Kinos kam.
Aber Glatzeders Wutausbruch gegen das österreichische Model Larissa Marolt, in dessen Folge es zum Handgemenge kam, den brauchte nun keiner. Schon gar nicht ein echter Star wie Glatzeder. Da hatte der Mann für mich an Glanz verloren, den ich so gerne in Filmen wie „Der Mann, der nach der Oma kam“ sah oder der mich in der Kudamm-Komödie in der „Pension Schöller“ begeisterte.

In den vergangenen Jahren schien es, dass man in der schnelllebigen Show-Welt den Glatzeder-Ausflug ins Dschungelcamp längst vergessen hatte. Ich hatte es jedenfalls. Mein Unbehagen war verflogen. Denn mittlerweile zeigte sich Glatzeder wieder mehrfach von seiner wahrhaft besten Seite als Schauspieler. Zum Beispiel in der herrlichen Agenten-Komödie „Kundschafter des Friedens“ oder in der ARD-Mystery-Krimiserie „Oderbruch“.

Doch man weiß ja, wie es mit Sachen ist, über die längst Gras gewachsen ist. Irgendjemand kommt und … In diesem Fall war es offenbar Glatzeder, der nun für das diesjährige Sommer-Dschungelcamp bei RTL zusagte, das irgendwann im Spätsommer gezeigt werden soll. Und schon ist das Vergangene und Vergessene wieder Gegenwart.
Sorry, lieber Winfried Glatzeder! Ich sehe Sie lieber auf der Leinwand als erneut im Dschungelcamp. Und wenn ich dafür bis zum Herbst warten muss, wenn Teil 2 von „Kundschafter des Friedens“ in die Kinos kommt.
Norbert Koch-Klaucke schreibt jeden Freitag im KURIER über Geschichten aus dem Osten. Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com ■