„Wir im Osten“

Warum AC/DC den Osten meiden – und ich sogar froh darüber bin!

Angus Young und Co. sind nach acht Jahren Pause wieder auf Deutschlandtour. Doch unser Autor, der Fan dieser Band ist, kann sich darüber nicht freuen.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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AC/DC sind wieder da. Sänger Brian Johnson (76, l.) rockt hier bei einem US-Konzert im Oktober 2023 mit Angus Young (69) auf der Bühne. Sie werden mit neuem Bassisten und Schlagzeuger auftreten.
AC/DC sind wieder da. Sänger Brian Johnson (76, l.) rockt hier bei einem US-Konzert im Oktober 2023 mit Angus Young (69) auf der Bühne. Sie werden mit neuem Bassisten und Schlagzeuger auftreten.US Today Network/imago

„So laut wie es geht, hören sie Punk und AC/DC“: So begann 1983 Udo Lindenberg, der übrigens am heutigen 17. Mai 78 Jahre alt wird, seinen Song „Straßenfieber“. Und genau wie Panik-Udo war und ist auch die Band im Osten beliebt, die er damals besang. Fast jeder Rock-Fan in der DDR drehte seinen Kassetten-Rekorder so laut auf, wie es ging, um mit voller Dröhnung den Sound von AC/DC aus den Lautsprechern kommen zu lassen. Auch ich tat das mit absoluter Begeisterung.

Am heutigen 17. Mai starten die australisch-britischen Rocker in Gelsenkirchen ihre Deutschland-Tour. Als waschechter Fan müsste ich Freudensprünge machen, dass AC/DC nach einer über acht Jahre währenden Konzert-Pause wieder im Lande sind.

Doch wer auf den Tourplan schaut, stellt fest, dass die Altrocker, mit Ausnahme von Dresden, wo sie zweimal auftreten werden, um den Rest des Ostens einen großen Bogen machen. Ausgerechnet dort, wo sie ihre große, treue Anhängerschaft haben.

AC/DC kommen noch nicht einmal ins Berliner Olympiastadion. Kollegen anderer Zeitungen orakelten schon, die Rocker würden wie auch andere Weltstars die Hauptstadt in diesem Sommer meiden, weil sie ihnen nicht mehr gefällt. Absoluter Bullshit!

Der wahre Grund heißt Fußball-EM, die am 14. Juni beginnt und einen Monat dauern wird. Ich kann es verstehen, dass sich da die Verantwortlichen für das Berliner Olympiastadion für das Turnier und gegen Rock-Konzerte in dieser Zeit entschieden haben.

Viel Feuerwerk: So ließen AC/DC es 2016 im Berliner Olympiastadion krachen.
Viel Feuerwerk: So ließen AC/DC es 2016 im Berliner Olympiastadion krachen.Pop-Eye/imago

Fünf Spiele und das EM-Finale (14. Juli) werden dort ausgetragen. Unmöglich, noch eine AC/DC-Show dazwischenzuschieben. Und die Band in der Waldbühne oder in der Wuhlheide auftreten zu lassen, wo nur jeweils über 20.000 Fans hineinkämen, wäre völliger Quatsch. Das Leipziger Stadion als naher Ausweichplatz im Osten für die Berliner und Brandenburger kommt auch nicht infrage – auch dort finden EM-Spiele statt. Ist das Fußball-Fest vorbei, sind AC/DC aus unseren Breiten auch schon fast verschwunden.

Zu hohe Ticket-Preise: Da bin ich als AC/DC-Fan echt sauer

Ehrlich, ich habe mich mit Hochspannung (mit echter „High Voltage“) auf ein Wiedersehen mit der Band gefreut. Und ich wäre sogar auf dem weiten „Highway to Hell“ gegangen, um woanders AC/DC zu sehen. Doch wenn ich mir so die Ticketpreise anschaue, wird mir speiübel.

125 Euro kostet die Karte etwa in Gelsenkirchen. Sicher, ich verstehe, dass Künstler heute nicht mehr von Plattenverkäufen leben können wie einst, wenn man ihre Songs gratis (mit nervender Werbung) bei Spotify im Internet hören kann. Da müssen Bands und Solo-Interpreten schon auf Tour gehen, damit sich ihr Werk auszahlt.

Auftritt mit Schuluniform: Gitarrist Angus Young ist das einzige Gründungsmitglied, das bei der jetzigen AC/DC-Tour auf der Bühne steht. 
Auftritt mit Schuluniform: Gitarrist Angus Young ist das einzige Gründungsmitglied, das bei der jetzigen AC/DC-Tour auf der Bühne steht. Patricia de Melo Moreira/AFP

Sicher, eine AC/DC-Show ist schon bombastisch, für die es sich lohnt, auch ein paar Euro-Scheine mehr hinzublättern. Und man weiß ja auch nicht, ob die Band noch einmal auf Tour gehen wird. Die Altrocker werden ja auch nicht mehr jünger. Ich habe schon überlegt, ob ich mich vielleicht am 19. Juni nach Dresden aufmache, wo es noch Karten gibt, um mir dort meine Helden mit „T.N.T.“ oder „Hells Bells“ auf dem Open-Air-Gelände anzuschauen.

Aber 152 Euro für eine Karte auszugeben, dann noch die Kosten für ein Hotelzimmer, Fahrt und Essen: Da ist man locker bei über 500 Euro und vielleicht noch mehr!

Sorry, AC/DC! Bei all meiner Fan-Liebe: Bei diesen Preisen, die ihr da auf eurer Tour verlangt, bin ich froh darüber, dass ihr fast den ganzen Osten meiden müsst! Da schaue ich mir lieber im TV die EM-Spiele an und lege danach eine eurer Platten auf.

Norbert Koch-Klaucke schreibt jeden Freitag im KURIER über Geschichten aus dem Osten. Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com