Die Saison ist vorbei, Trainer Pal Dardai ist weg und Hertha BSC trifft sich Sonntag um 11 Uhr zur Mitgliederversammlung im City-Cube auf dem Messegelände. Das sind die acht heißesten Fragen zum blau-weißen Sonntag.
Wird der neue Trainer präsentiert?
Die Chancen, dass die Herthaner ihren neuen Cheftrainer bei der Versammlung sehen, liegen bei 50 Prozent. Die Bosse verhandeln mit mehreren Kandidaten. Falls eine Einigung vor Sonntag erzielt wird, ist es noch offen, ob der Coach schon vorgestellt wird.
Was sagen die Mitglieder zum Dardai-Abschied?
Die Fans sind gespalten. Die einen hätten gerne die Vereinsikone Pal Dardai weiter auf der Bank gesehen, obwohl es nur zu Platz neun in der Saison 2023/24 gereicht hat. Er hat aus einem Trümmerhaufen im Sommer 2023 wieder eine Mannschaft mit Teamgeist geformt. Für die anderen ist Dardais Zeit zu Recht abgelaufen, weil die Spieler bei der Defensivarbeit immer wieder die gleichen Fehler gemacht haben.
Was ist mit 777 Partners?
Der Investor aus den USA half durch Finanzspritzen entscheidend mit, dass Hertha nach dem Bundesliga-Abstieg 2023 überhaupt die Lizenz bekam. Jetzt steckt 777 Partners selbst in erheblichen Schwierigkeiten. Das Gute: Der Klub hat die vereinbarten 75 Millionen Euro bekommen, und die kann keiner zurückfordern. Falls Herthas KGaA-Anteile von 78,8 Prozent wieder verkauft werden sollten, könnte es die zum Schnäppchenpreis geben. Hertha hat vertraglich ein Vorkaufsrecht, könnte sich sogar freikaufen.
Wie sieht es mit der Lizenz aus?

Durch einen knallharten Sparkurs erholt sich der Klub. Trotzdem muss bei den Lizenzunterlagen nachgebessert werden. Geschäftsführer Tom Herrich: „Nach Eingang der ersten Lizenzentscheidung müssen wir bis zum 29. Mai eine Bedingung im finanziellen Bereich erfüllen. Darauf waren wir vorbereitet und werden dem fristgerecht nachkommen.“ Da können die Mitglieder eine positive Nachricht bei der Versammlung erwarten.
Wie groß ist das Gedenken an Kay Bernstein?
Der Schock saß im Januar tief, als der junge Präsident Kay Bernstein (43) völlig unerwartet verstarb. Es ist die erste Vereinsversammlung ohne ihn. Doch in den Herzen bleibt er. Es wird mehr als nur eine Gedenkminute für ihn geben. Mit ihm verbinden viele, dass es nach den Chaosjahren endlich wieder mit dem Klub aufwärts ging.
Wie viel „Wir“ gibt es noch?

Das große Vermächtnis Bernsteins bekräftigten alle. Interimspräsident Fabian Drescher betont immer wieder: „Der Berliner Weg steht über allem. Wir können und wollen Kay nicht als Persönlichkeit ersetzen, können ihn nicht kopieren.“ Doch Visionen brauchen Galionsfiguren, die sie aktiv nach außen verbreiten. Menschen brauchen Menschen als Richtschnur. Jetzt müssen es andere machen. Das wiederentdeckte „Wir“ steht auf dem Prüfstand.
Wie viel Macht haben die Ultras?
Die Ultras aus der Ostkurve haben einen erheblichen Anteil gehabt, dass es im Sommer 2022 zur Palastrevolution bei Hertha kam und Kay Bernstein (ein Gründer der Ultra-Szene) zum Boss gewählt wurde. Bernstein selbst machte nie einen Hehl aus seiner Vergangenheit. Doch er betonte stets, dass er ein Präsident für alle Herthaner sei. Nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten. Im Amt selbst verabschiedete er sich von zu viel Fußballromantik. Aus Geldnot wurde mit Crazybuzzer ein umstrittener Wettanbieter als Trikotsponsor geholt. Mit 777 Partners wurde eine Zusammenarbeit forciert. Die Ultras hatten für einen kurzen Moment viel Macht, doch die Realität sieht anders aus. Trotzdem werden sie bei der Mitgliederversammlung versuchen, ihre Standpunkte durchzusetzen.
Geht der Wahlkampf schon los?
Ja, er ist schon in vollem Gange, aber ohne Kandidaten. Im November soll ein neues Präsidium und damit ein neuer Boss gewählt werden. Drescher: „Natürlich haben wir mehrfach darüber diskutiert, ob es sinnvoll wäre, die Wahl aufgrund von Kays Tod vorzuziehen. Wir sind aber zu dem Schluss gekommen, dass es im Sinne der Kontinuität und des Vereins am besten ist, die Wahl nicht vorzeitig durchzuführen. Auch, um eine ruhige Sommerpause im Hinblick auf die Saisonvorbereitung zu gewährleisten.“ Ob Drescher mit seiner Crew selbst als Boss kandidiert, ist offen. Tendenz: Eher nicht! Die Ultra-Fans könnten eine Palastrevolution 2.0 anzetteln und einen eigenen Kandidaten aufstellen. Dazu könnten auch frühere Führungsleute versuchen, das Ruder in die Hand zu nehmen. Diese MV wird quasi eine Sonntagsfrage zur Wahl im Herbst. Doch die Stimmung kann ein halbes Jahr später schon wieder ganz anders sein. Es hängt davon ab, wie Hertha dann sportlich dasteht. ■