
Sebastian Grönnings großer Zeh verhinderte am zurückliegenden Wochenende ein Traumtor von Hertha-Kapitän Fabian Reese. Das klingt kurios und abwegig, aber Berlins Mittelstürmer Grönning stand unmittelbar vor der spektakulären Aktion von Reese ein paar Millimeter im Abseits. Der große Zeh war vielleicht schuld. Das führte leider zur Aberkennung eines Reese-Treffers mit Seltenheitswert, aus gut 40 Metern Entfernung erzielt. Danach aber traf Grönning (28), unbeeindruckt vom ersten Missgeschick, per Kopf und per Linksschuss zweimal zum 2:1-Sieg von Hertha gegen Preußen Münster und wurde von den Berliner Fans euphorisch gefeiert.
Hertha-Legende Granitza findet Grönning geil
Es folgte sofort auch Lob aus berufenem Mund. „Mit seinem Auftritt gegen Münster, seinen beiden Treffern, seiner Körpersprache hat sich Grönning einen Stammplatz im Team erkämpft. Trainer Stefan Leitl kann den Dänen jetzt nicht mehr herausnehmen!“ So urteilte Karl-Heinz Granitza (73), einst in den 1970er-Jahren der erfolgreichste Mittelstürmer von Hertha BSC, über den glücklichen Matchwinner und lobte: „Grönning zeigte die Geilheit, die ein Mittelstürmer braucht, um Tore zu erzwingen.“ Er selbst hatte in seiner Zeit als Hertha-Profi in jedem zweiten Spiel ein Tor geschossen (73 Einsätze/34 Treffer) und kennt das Glücksgefühl genau, wenn ein ganzes Stadion einen erfolgreichen Mittelstürmer feiert.
Die Profis, die oft stolz die Rückennummer 9 tragen (Grönning läuft mit der 17 auf, weil die 9 schon vergeben war), stehen immer wieder im Mittelpunkt des Interesses der Anhänger, weil sie oft nur am Torerfolg gemessen werden. Der Volksmund sagt, Torhüter und Linksaußen haben oft eine Macke, Mittelstürmer aber gelten als sensibel. Sie geraten besonders schnell in die Kritik. Trifft ein Mittelstürmer lange Zeit nicht, werden in den Medien gern genüsslich die Minuten aufgezählt, die der Angreifer ohne Erfolg geblieben ist. Das haben in der Vergangenheit einige Stoßstürmer der Hertha erleben müssen, aber meist blieben dennoch ihre Tore in Erinnerung.
Macht es Grönning bei Hertha BSC wie Tabakovic?
Ausnahmestürmer wie Michael Preetz prägten gar eine Ära und eine Handvoll Torjäger stieg auch wegen ihrer Kampfkraft und Fannähe zu Publikumslieblingen auf. Marko Pantelic, Pierre-Michel Lasogga, Theo Gries und in der Saison 2023/24 Haris Tabakovic gehören in diese Riege.

Nun steht erst einmal Sebastian Grönning im Mittelpunkt. Rund um den Jubel über den kraftvollen Dänen habe ich Karl-Heinz Granitza gebeten, seine persönliche Top Ten der besten Hertha-Mittelstürmer seit Gründung der Bundesliga 1963 aufzustellen. Über diese Hitliste lässt sich trefflich streiten.
Preetz ist für Granitza der beste Hertha-Stürmer aller Zeiten
Platz 1: Michael Preetz, 2. Karl-Heinz Granitza, 3. Marko Pantelic, 4. Erwin Kostedde, 5. Franz Brungs, 6. Vedad Ibisevic, 7. Hans-Joachim Altendorff, 8. Fredi Bobic, 9. Thomas Remark, 10. Adrian Ramos.
Nicht berücksichtigt sind Torjäger, die als offensive Mittelfeldspieler oder eher auf den Außenbahnen agierten, etwa Marcelinho, Erich Beer, Lorenz Horr oder Salomon Kalou.
Granitza und Beckenbauer in der Hall of Fame des US-Fußballs
Preetz ist als bislang einziger Torschützenkönig der Hertha in der Ersten Bundesliga (1998/99 mit 23 Treffern) die klare Nummer eins und thront mit 84 Toren an der Spitze der Hertha-Schützen. Granitza hat sich selbstbewusst auf Rang zwei gesetzt, verweist neben seinen Toren auf die unzähligen Torvorlagen, die er auch geliefert hatte. Seine Quote aus Hertha-Zeiten steigerte Granitza aber gewaltig Anfang der 1980er-Jahre in der North American Soccer League (NASL) der USA , in der sich zur gleichen Zeit auch Franz Beckenbauer, Gerd Müller und Superstar Pele tummelten. Für Chicago Sting schoss Granitza in 225 Spielen sagenhafte 141 Tore. Mit Beckenbauer ist er der einzige deutsche Fußballer, der in die Hall of Fame des US-Fußballs aufgenommen wurde.