Es ging um eine große Flasche Bacardi! Karl-Heinz Granitza, Herthas Mittelstürmer und Torjäger aus den 1970er Jahren, erzählte mir kürzlich eine Episode, die seine exzellente Schusstechnik illustrieren sollte. Während eines Trainings im Jahr 1978 wettete er mit Herthas Top-Torhüter Norbert Nigbur, dass er von zehn Elfmetern gegen ihn alle zehn versenken wird und vom 16er-Strafraum aus neun Freistöße in Serie im Kasten landen. „Ich habe alles getroffen“, sagt Granitza, und schob stolz hinterher: „Der große Brasilianer Carlos Alberto, Kapitän der Weltmeisterelf von 1970, nannte mich einst den besten Freistoßschützen der Welt.“ Als Granitza Anfang der 1980er Jahre in den USA bei Chicago Sting Tore wie am Fließband schoss und deshalb „King Bomber Karl“ gerufen wurde, traf er auch oft auf Carlos Alberto, der bei New York Cosmos spielte.
In unserem Gespräch ging es um die Spezi Mittelstürmer der Hertha, vor allem um Haris Tabakovic vom aktuellen Hertha-Team. Der führt im Moment mit 18 Treffern gemeinsam mit Christos Tzolis von Fortuna Düsseldorf die Torschützenliste der Zweiten Bundesliga an und sagte nun selbstbewusst: „Wenn ich einmal oben stehe, will ich auch oben bleiben.“
Hertha BSC: Haris Tabakovic auf den Spuren von Michael Preetz
Bei Granitza war es die geniale Schusstechnik, die ihn zum Protagonisten machte, bei Haris Tabakovic ist es die ungeheure Entschlossenheit vor dem Tor, sein Durchsetzungsvermögen bei einem Gardemaß von 1,94 Metern, sein starkes Kopfballspiel und auch sein Instinkt, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. Und – er profitiert entscheidend von seinem kongenialen Sturmpartner Fabian Reese. Dazu später.

„Tabakovic ist ein sehr, sehr guter Einkauf der Hertha gewesen“, lobt Granitza (72), der einst auch als Scout für Chelsea London am Ball war, „ich hoffe, er wird tatsächlich Torschützenkönig der Zweiten Liga.“ Das wäre ein Novum, denn in der Zweiten Bundesliga schaffte es bislang noch kein Herthaner, als bester Torjäger die Saison zu beenden. Dreimal landeten Hertha-Profis immerhin auf Platz zwei. 1980/81 in der Zweiten Liga Nord (mit 22 Teams) Werner Killmaier (36 Tore), 1992/93 Theo Gries (23 Tore) und 2012/13 Freistoßspezialist Ronny (18 Tore).
Hertha BSC: Reese und Tabakovic wie Preetz und Thom
Bislang konnte sich nur ein Hertha-Profi die Torjäger-Kanone in die heimische Vitrine stellen: Michael Preetz. Der war – sogar eine Etage höher in Liga eins – 1998/99 Torschützenkönig mit 23 Treffern vor Ulf Kirsten (19). Karl-Heinz Granitza erinnert Haris Tabakovic ein wenig an Preetz. „Manchmal wirkt er wie einst Preetz ein bisschen hölzern, was auch an seiner Größe liegt. Beide waren und sind sehr stark im Kopfballspiel. Tabakovic muss nur sein Kurzpassspiel noch verbessern.“
Bei Hertha wollen sie nun alle Tabakovic zum Torschützenkönig krönen, vor allem Kapitän Fabian Reese ist dafür enorm wichtig. Das Duo weist überragende Werte auf: Reese (6 Tore/13 Assists) und Tabakovic (18 Tore/4 Assists) sind im Moment Herthas Lebensversicherung. Die unterschiedlichen Typen eint vor allem eins: die unbändige Leidenschaft auf dem Platz. Ähnliche Sturm-Pärchen gab es bei Hertha nur wenige: Vielleicht Preetz/Andreas Thom oder Marko Pantelic/Christian Gimenez.
Haris Tabakovic kann Hertha BSC in die Bundesliga ballern
Am Saisonende wollen Reese und Tabakovic zusammen 50 Scorerpunkte auf dem Konto haben. Derzeit stehen sie bei 41. Granitza sagt: „Diesen Tabakovic muss Hertha unbedingt halten. Der kann Hertha in der neuen Saison in die Erste Liga schießen. Ich traue ihm sehr viel zu.“
Bayern Münchens einstiger Top-Torjäger Robert Lewandowski, der heute für den FC Barcelona stürmt, verriet einst das Geheimnis seiner Treffsicherheit. Ein Schlaftherapeut empfahl ihm, in abgedunkelten Räumen zu schlafen - und das auf der linken Seite, weil er Rechtshänder sei und mit rechts den härteren Schuss hat. Das gilt auch für Tabakovic, der elf Tore mit rechts, vier mit links und drei per Kopf erzielte. Also Haris, auf der linken Seite einschlafen! ■