Was wird eigentlich bei Hertha BSC gespielt? Ja, Fußball gibt es Freitag (18.30 Uhr), wenn die Blau-Weißen beim SC Paderborn antreten. Doch was sonst so bei dem Traditionsverein los ist, könnte den Titel haben: Wenn man keine Probleme hat, macht man sich welche. Wie aus dem Nichts gibt es eine Trainerdiskussion um Pal Dardai (48). Nicht von den Vereinsbossen, sondern eher aus der Richtung von Investor 777 Partners. Und damit könnte sich der Geldgeber mit den Fans anlegen. Denn die wollen in überwiegender Mehrheit, dass Dardai auch nächste Saison Trainer ist.
Die Vorgeschichte: Nach dem Abstieg im Sommer 2023 mit den Vorgaben radikaler Sparkurs, Lizenz in Gefahr und völlig neue Mannschaft mit vielen Talenten waren sich bei Hertha BSC alle einig: Es gibt keinen geeigneteren Trainer in der Krisensituation als Vereinsikone Pal Dardai, um Stabilität in die Mannschaft zu bekommen.
Investor 777 wollte Dardai schon im Sommer 2023 nicht

Nur einer war gegen Dardai. Und das war Johannes Spors (41), Sportdirektor bei Investor 777 Partners. Er schlug andere Trainer vor. Mit seinen Scouts analysiert er jede Partie der sieben Klubs, bei denen der US-Konzern mit Millionen eingestiegen ist. Auch Herthas Spiele werden genau unter die Lupe genommen. Zufall? Spors will dabei Schwächen im System von Dardai seit dem Saisonstart erkannt haben.
Im Dezember gab Spors im Kicker erstmals ein großes Interview, darin hieß es zum Beispiel: „Wir haben Kriterien definiert und messen diese auch, wir wollen Intensität und Tempo sehen. Das wiederum beeinflusst die Personalauswahl bei Trainern und Spielern und vor allem die Kaderstruktur.“
Zu Hertha und der in Deutschland geltenden 50+1-Regel (keine Befugnis im operativen Geschäft durch Investoren) sagte Spors: „Wir treffen eben keine sportlichen Entscheidungen dort, sondern stehen nur beratend zur Seite, weil wir 50+1 voll respektieren.“ Klingt auf den ersten Blick okay. Beratend oder bestimmend, das bleibt aber die Frage.
Zurück zu Hertha: Nach einer ordentlichen Hinrunde, bei der die Fans vom Aufstieg träumen konnten, gab es den Desaster-Januar, der in keinem Laptop vorherberechnet werden kann. Präsident Kay Bernstein starb, der Verein und die Mannschaft standen unter Schock, dazu gab es eine Grippe-Welle im Team und Leistungsträger Fabian Reese war wochenlang wegen einer Corona-Infektion außer Gefecht. Hertha verlor die ersten drei Rückrundenspiele und flog aus dem Pokal raus.
Seit drei Wochen eine Trainerdiskussion aus dem Nichts
Danach berappelte sich das Dardai-Team wieder, doch der Wiederaufstieg rückte immer weiter weg. Nach dem 0:2 in St. Pauli stellte dann der Kicker die Trainerfrage: „Dardai: Ist im Sommer Schluss?“ Diese Frage ist berechtigt, weil der Ungar immer nur einen Ein-Jahres-Vertrag unterschreibt und man spekulieren kann, ob der Vertrag verlängert wird. Doch die Kritik an Dardai fiel sehr hart aus.
Der Trainer war tief getroffen und menschlich enttäuscht. Drei Wochen brodelte es in ihm. Da half auch eine Blitzumfrage des RBB unter Hertha-Fans nicht, die sich zu 70 Prozent für einen Dardai-Verbleib aussprachen. Die überwiegende Mehrheit der Anhänger hat nämlich die ständigen Trainerwechsel satt und Dardai hat ein enormes Standing bei den Fans. Und nicht nur da: Auch die Spieler stehen zu Dardai.
Der Sportjournalist und anerkannte Hertha-Experte Uwe Bremer twitterte dazu: „Der Text im Fachmagazin las sich wie eine bestellte Geschichte, um den Trainer zum Abschuss freizugeben. Wer hat daran Interesse? Hier an Investor 777 Partners zu denken, ist natürlich reine Spekulation ...“
#Dardai @HerthaBSC-PK:
— Uwe Bremer (@ubremer1) April 3, 2024
Was sind die Hintergründe?
Der Text im Fachmagazin las sich wie eine bestellte Geschichte, um den Trainer zum Abschuss freizugeben.
Wer hat daran Interesse?
Hier an Investor #777Partner zu denken, ist natürlich reine Spekulation ...
Dardais Abgang bei der Pressekonferenz

Mittwoch entlud sich der Frust bei Bauchmensch Dardai bei der Pressekonferenz. Als er den Kicker-Reporter sah, war seine Laune schon unten. Als dann die erste Frage kam, blockte Dardai geladen, aber noch höflich ab. Und gab bestimmt zu verstehen, dass er keine Frage des Kickers beantworten wird. Es folgte der zweite Versuch des Kickers und der Trainer verließ den Raum. War es Protest? Nein, eher Eigenschutz. Wer Dardai kennt, weiß, dass der Ungar in Rage verbal zum Rundumschlag ausgeholt hätte.
Der Eklat war trotzdem da. Einen Gefallen hat sich Dardai damit nicht getan. Bei der Präsidiumssitzung am Abend war der Dardai-Abgang ein Thema. Glücklich war keiner darüber. Das hat man dem Trainer auch mitgeteilt. Doch gleichzeitig auch Verständnis gezeigt.
Wilde Nachfolge-Spekulation seit Donnerstag
Seit Donnerstag gibt es die ersten Trainerspekulationen. Die Bild will wissen, dass Dardai am Saisonende nicht mehr Trainer sein soll. Dazu wurde ein Nachfolgekandidat ins Gespräch gebracht. Der Schweizer Thomas Stamm (41), der die zweite Mannschaft von Bundesligist SC Freiburg trainiert und zum Saisonende im Breisgau aufhört.
Richtig ist: Bei Hertha BSC gibt es tatsächlich eine Kandidatenliste. Diese ist aber üblich, wenn der Vertrag des amtierenden Trainers ausläuft. Bisher ist es nur Plan B, um vorbereitet zu sein. Dazu passt auch die Aussage von Sportdirektor Benjamin Weber: „Wir werden uns ganz in Ruhe gemeinsam mit Pal hinsetzen und das besprechen. Wir haben immer gesagt: Wir spielen die Saison und dann besprechen wir gemeinsam, wie es weitergeht.“