Knallhartes Urteil

Hertha BSC: Sauhaufen! So spricht Niederlechner über den Bobic-Kader

Herthas Florian Niederlechner war der letzte Transfer des gefeuerten Managers Fredi Bobic. Ausgerechnet der Stürmer fällt jetzt ein hartes Urteil.

Author - Wolfgang Heise
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Herthas Stürmer Florian Niederlechner redet Klartext über die Abstiegsmannschaft.
Herthas Stürmer Florian Niederlechner redet Klartext über die Abstiegsmannschaft.imago images/Gora

Fußball hat manchmal eine ganz besondere Ironie. Stürmer Florian Niederlechner (33) war im Januar 2023 der letzte Spieler, den Herthas Ex-Manager Fred Bobic holte, bevor er rausgeschmissen wurde. Jetzt gibt ausgerechnet Niederlechner über das von Bobic in anderthalb Jahren umgebaute blau-weiße Team ein Urteil ab. Prädikat: Sauhaufen!

Niederlechner ist ein erfahrener und besonnener Profi. Sein Wort hat viel Gewicht in der Kabine bei Hertha BSC. Mittwoch betrat er das Podium bei der Pressekonferenz und alle lauschten andächtig, was der Stürmer zu sagen hat. Und dann kam diese zwei Sätze: „Letzte Saison sind wir abgestiegen, weil wir keine Mannschaft waren. Wenn man ehrlich ist, war es ein Sauhaufen.“

Niederlechner über Herthas Abstieg: „Wir waren keine Mannschaft“

Manager Fredi Bobic war bei Hertha BSC mit seinen Transfers erfolglos.
Manager Fredi Bobic war bei Hertha BSC mit seinen Transfers erfolglos.imago images/nordphoto/Engler

Ja, Spieler, die neu in einen Verein kommen, haben oft den objektiveren Blick über das große Ganze. Nachdem Bobic am 28. Januar von Hertha gefeuert wurde, also elf Tage nach Niederlechners Verpflichtung, hielt sich der Ur-Bayer noch vorsichtig zurück: „Ich will dazu nichts sagen. Ich spiele hier nur, das ist nicht meine Baustelle. Ich will auf dem Platz Gas geben. Was außen passiert, kann ich eh nicht beeinflussen. Von daher ist es das Ding der Verantwortlichen.“

Spätestens nach der Entlassung von Trainer Sandro Schwarz im April wurde die Kritik am Bobic-Kader im lauter. Bobic hatte im Sommer 2021, als er sein Amt antrat, gesagt, dass „Mentalitätsspieler, die für den Verein brennen“ holen will. Der zweite Sportdirektor Zecke Neuendorf sagte im Mai: „Mir gefällt die Mannschaft nicht. Wir haben fünf Transferfenster gehabt, eine ordentliche Mannschaft aufzustellen. Von unseren Spielern ist jeder verkäuflich, weil keiner den Nachweis der Erstligatauglichkeit erbracht hat.“

Trainer Pal Dardai fällte das gleiche Urteil und immer wieder fiel das Wort „faul“. Bei Stürmer Wilfried Kanga, bei Flügelstürmer Myziane Maolida. Als Hertha das letzte Bundesliga-Spiel als feststehender Absteiger beim VfL Wolfsburg mit vielen jungen Spielern 2:1 gewann, sagte Dardai: „Die Atmosphäre in der Mannschaft hat funktioniert. Wenn wir dieses Gesicht früher gezeigt hätten, säßen wir nicht so traurig hier.“

Niederlechner: „Wir haben Scheiße gebaut“

Damals meldete sich auch Niederlechner, der nach vier Monaten bei Hertha wirklich am wenigstens für den Abstieg konnte, zu Wort und übernahm trotzdem Verantwortung: „Wir haben Scheiße gebaut, und ich bin einer, der versucht, den Fehler auszubügeln, den wir gemacht haben. Der Verein gehört einfach hoch, und dafür werden wir alles tun.“

Ein halbes Jahr später sagt genau dieser Niederlechner: „Man kann es nicht mit der letzten Saison vergleichen. Anfang August, als die Leute dazugekommen sind, hat man gemerkt, was für ein Ruck durch die Mannschaft geht. Es macht unheimlich Spaß, auch wenn wir als Tabellenzwölfter leider zu wenig Punkte haben. Wir brauchen noch ein bisschen mehr Siegermentalität. Jeder muss Spiele gewinnen wollen und das muss noch ein bisschen mehr reinkommen.“

Niederlechner ist ein hartnäckiger Siegertyp. Zunächst war er nur Stürmer Nummer 3, jetzt ist er wieder Stammspieler. „Die ersten Spiele habe ich nicht so oft gespielt, aber ich bin erfahren genug, bin ruhig geblieben und habe den jungen Spielern geholfen und mich im Training nicht hängen gelassen“, sagt er. Er ist ein Vorbild der Geduld für die Jungprofis. Prädikat: als Teamplayer besonders wertvoll. ■