Kennen Sie das? Manchmal ist die Erinnerung einfach weg und es nervt gewaltig. Was habe ich da gemacht? Man wird auf ein Ereignis in der Vergangenheit angesprochen und man selbst hat keinen blassen Schimmer mehr. Herthas Trainer Cristian Fiel (44) hat es vor dem Heimspiel gegen den SSV Ulm (Sonnabend, 13 Uhr) so eiskalt erwischt. Aus seinem Gedächtnis war ein wichtiges Tor für den 1. FC Union vor 23 Jahren gegen Ulm gestrichen.
RBB-Reporterin Astrid Kretschmer sprach bei der Pressekonferenz Fiel auf seinen Treffer in der zweiten Runde des DFB-Pokals in der der Saison 2001/02 beim 3:0 gegen den damaligen Fünftligisten SSV Ulm an und wollte eigentlich eine kleine Anekdote hören. Doch Fiel stand völlig auf dem Schlauch.
Er grübelte, fasste sich auf dem Pressepodium an die Stirn und er kam nicht drauf. Ehrlich stand er zu seiner Gedächtnislücke. „Wir sind live im Videostream, oder? Okay, ich mache es jetzt trotzdem. In der Zweiten Liga haben wir mit den Stuttgarter Kickers da gespielt. Aber gewonnen mit Union? Ich habe echt nicht so viele Tore geschossen. Da müsste ich mich doch erinnern“, ist er ratlos.
Fiel schoss in seiner Profikarriere von 1999 bis 2015 in 423 Spielen 34 Tore. Beim 1. FC Union war er nur anderthalb Jahre – vom Sommer 2001 bis Winter 2002. Für die Köpenicker traf er insgesamt zehnmal in den 18 Monaten. Gute Quote für einen Mittelfeldspieler. Zehn Treffer, aber einer fehlt in den Erinnerungen.
Fiel zu seinem Pokaltor in Ulm: „Ich erinnere mich wirklich nicht mehr“

Fiel bemühte sich, dann sagt er: „Doch, doch jetzt! Nein, das Tor war in Reutlingen!“ Volltreffer: Für Union schoss er im Februar 2002 das Siegtor zum 2:1. Reutlingen liegt aber knapp 80 Kilometer entfernt von Ulm. Der gebürtige Schwabe gibt auf: „Okay, dann müssen wir wie immer den Statistiken glauben. Dann ist das so.“ Noch ein Hinweis kommt. Es war im Pokalfight bei den Spatzen ein spätes 1:0 in der 78. Minute. „Dann war ich sozusagen der Dosenöffner im Spiel. Ich sage es ihnen ehrlich, ich erinnere mich wirklich nicht mehr,“ sagt Fiel schließlich und denkt weiter nach.
Wie geht das? Der KURIER schaute genauer nach. Drei Tage vorher schoss Fiel in der Zweiten Liga seinen einzigen Doppelpack für die Köpenicker beim 5:1-Heimsieg gegen Aachen. Das ist eine wichtigere Erinnerung als ein Pokaltor gegen einen Fünftligisten, zumal die Unioner eine Pokalrunde später beim 1:2 in der Alten Försterei gegen Rot-Weiß Oberhausen rausflogen.
Herthas Stadion-DJ Ferry war beim Fiel-Tor dabei
Doch das ist nicht das einzige: Im November und Dezember 2001 spielte Fiel wochenlang mit einem Handicap. Er hatte sich einen Finger der rechten Hand gebrochen und die Hand war geschient und eingegipst. Vielleicht spielt auch die Erinnerung an die Verletzung eine größere Rolle.
Doch einer bei Hertha BSC kann Fiels Gips-Tor-Rätsel auflösen. Der Trainer kann bei Ex-Profi Christian „Ferry“ Fährmann (49), der jetzt bei den Heimspielen als DJ im Olympiastadion arbeitet, den Joker einlösen. Fährmann spielte nicht nur bei Hertha BSC (1993 bis 98), sondern in der Saison 2001/02 auch mit Fiel beim 1. FC Union zusammen. ■