Cristian Fiel brachte es auf den Punkt. „Ich liebe solche Momente, in denen du liefern musst und keine zweite Chance bekommst!“ Herthas Chefcoach meinte die K.o.-Duelle im DFB-Pokal. Vor einem solchen steht seine Mannschaft am Mittwochabend beim 1 .FC Köln. Ich gehe davon aus, dass Fiel inzwischen die Pokalhistorie von Hertha BSC ein wenig kennt. Die ist nicht mit Erfolgen gepflastert.
Würde es auf dem Vereinsgelände von Hertha einen „Walk of Fame“ speziell für blau-weiße Helden im DFB-Pokal geben, fiel dieser sicher recht kurz aus. Mit dem berühmten Vorbild auf dem Hollywood-Boulevard – dort gibt es bislang sagenhafte 2796 Sterne für Prominente aus dem Showgeschäft – könnte man überhaupt nicht konkurrieren. Der Grund: Hertha und der DFB-Pokal sind keine guten Freunde.
Hertha BSC: „Walk of Fame“-Sterne wären Mangelware
Sterne würde es höchstens für die Hertha-Bubis geben, die als Amateure 1993 bis ins Endspiel einzogen, ganz Fußball-Berlin in Euphorie versetzten und das Finale nur knapp mit 0:1 gegen Bayer Leverkusen verloren. Christian Fiedler, die Zwillinge Andreas und Oliver Schmidt, Carsten Ramelow und ihre Teamkameraden hätten einen Stern verdient. Das gilt auch für die Profis aus den 1970er-Jahren – von Erich Beer über Holger Brück bis zu Karl-Heinz Granitza –, weil sie die Endspiele gegen den 1. FC Köln (1977) und Fortuna Düsseldorf (1979) erreicht hatten, aber stets als unglückliche Verlierer vom Platz gehen mussten.

Das war es dann aber auch fast schon. Denke ich an zahlreiche DFB-Pokalspiele, die ich in der Fremde erlebte, fallen mir stets Orte ein, an denen sich Hertha-Teams blamierten und durch unterklassige Gegner aus dem Wettbewerb geworfen wurden: Stendal, Kiel, Braunschweig, Wuppertal, Koblenz, Worms …
Cristian Fiel war schon mal Hertha-Opfer
Weil Hertha BSC aber heute Abend im Pokal-Achtelfinale beim 1. FC Köln antreten muss, will ich lieber Mut machen und an einige Pokal-Helden erinnern, die nicht in einem Finale standen. Einer war Theo Gries. Im September 1992 siegte Hertha beim SC Freiburg mit 4:2 und Mittelstürmer Gries traf mit einem wunderbaren Fallrückzieher. Sein Kunststück wurde zum „Tor des Monats September“ gewählt. Als Hertha im Oktober 2003 beim FC Hansa Rostock dramatisch mit 6:5 nach Elfmeterschießen siegte, parierte Kultkeeper Gabor Kiraly den entscheidenden Strafstoß und rettete so als Nebeneffekt Trainer Huub Stevens vorübergehend den Job.
Auch Jordan Torunarigha und Marko Grujic zählen zu den Pokalhelden. Im Oktober 2019 gab es den Thriller Hertha gegen Dynamo Dresden vor 70.000 Fans (darunter 35.000 Dresdnern) im Olympiastadion. Beim Stand von 2:3 traf Torunarigha mit straffem Schuss in letzter Sekunde der Verlängerung zum 3:3 (120.+2). Den zehnten und letzten Elfmeter verwandelte Grujic sicher zum 5:4-Erfolg. Der Trainer der Dynamos hieß: Cristian Fiel!
Nader El Jandaoui lässt Hertha BSC jubeln

Unvergessen natürlich, wie Hertha im Dezember 2023 den Hamburger SV mit 5:3 nach Elfmeterschießen (3:3) bezwang und das Drama auf die Spitze trieb. Fabian Reese zeigte das „Spiel seines Lebens“, traf in der 90. Minute zum 2:2 und verwandelte den letzten Elfmeter. Jonjoe Kenny schaffte mit einem Kraftakt in Minute 120 das 3:3, Internetstar Nader El Jindaoui verwandelte bei seinem Profi-Debüt seinen Strafstoß traumwandlerisch sicher und Keeper Tjark Ernst parierte einen Elfer. Sie alle konnten sich nach diesem magischen Abend Pokal-Helden nennen. Einige sind auch gegen Köln noch dabei.
Das Schlusswort gebührt Holger Brück (77), der mit der Hertha 1977 und 1979 in den Pokalfinals stand und mit 48 Einsätzen Herthas Rekordspieler im nationalen Cup-Wettbewerb ist (dazu kommen stattliche 261 Bundesligaspiele für die Berliner). Ich habe Brück gefragt, was er zuerst mit dem DFB-Pokal verbindet? „Traurigkeit“, lautete seine spontane Antwort, „weil wir so nah am Cup dran waren, aber nie etwas ganz Großes geschafft haben.“ Das muss Trainer Cristian Fiel nun ändern. Neue Pokal-Helden sind gefragt. ■