Für Lazar Samardzic (22) waren die letzten Tage im Monat Mai so aufregend wie selten zuvor etwas in seiner noch recht jungen Karriere. Am 26. Mai musste der Mittelfeldspieler – einst als eines der größten Talente von Hertha BSC tituliert – mit seinem Verein Udinese Calcio in Italiens Serie A zum Abstiegsduell bei Frosinone Calcio antreten. Am letzten Spieltag der Saison gewann Udinese mit 1:0, blieb erstklassig und machte den unglücklichen Konkurrenten zum Absteiger in die Serie B.
Mit Fabio Cannavaro (50) hatte Samardzic da bereits den dritten Cheftrainer in dieser Saison erlebt, der zum späten Retter wurde. Der beliebte Kapitän der italienischen Weltmeistermannschaft von 2006 hatte Udinese erst im April übernommen. Cannavaro setzte auf Samardzic, der in 34 Spielen sechs Tore und zwei Assists verbuchen konnte. Sein Marktwert liegt laut transfermarkt.de bei stattlichen 20 Millionen Euro.
Mit der EM geht ein Traum in Erfüllung
Nur zwei Tage nach dem Klassenerhalt – am 28. Mai – gab Serbiens Nationaltrainer Dragan Stojkovic (59) sein Aufgebot für die EM-Endrunde in Deutschland bekannt. Mit dabei: Lazar Samardzic. Auf Anfrage des Berliner KURIER sagte er: „Der Trainer hat mir in Gesprächen auch immer gesagt, dass er mich für die Euro einplant, das hat mich zusätzlich gepusht! Für mich geht natürlich ein riesengroßer Traum in Erfüllung!“

Erst im März 2023 war Samardzic vom DFB zum Fußballverband Serbiens, des Herkunftslands seiner Eltern, gewechselt. Wenige Wochen später gab er sein Länderspieldebüt bei einem 2:0 gegen Litauen. Sieben Länderspiele stehen inzwischen in seiner Vita, drei davon in der EM-Qualifikation. Die Konkurrenz im Mittelfeld der serbischen Nationalelf ist groß, seine Nominierung war deshalb kein Selbstläufer.
Lazar Samardzic ist gebürtiger Berliner
Der Jung-Nationalspieler sagte: „Erst mal grundsätzlich für so ein Turnier nominiert zu werden – und dann noch in dem Land, in dem ich geboren und aufgewachsen bin, in dem meine Familie und meine Freunde leben –, das ist einfach eine schöne Geschichte. Dafür habe ich gearbeitet. Auch wenn es sportlich bis zuletzt im Verein nicht immer optimal für uns lief, war es wichtig für mich, auch dieses Jahr gesetzt zu sein und Impulse setzen zu können.“
Die Karriere des gebürtigen Berliners verlief nicht ohne Probleme und Aufregungen. Von 2009 an bis 2020 durchlief er sämtliche Nachwuchsteams der Hertha-Akademie, wurde Torschützenkönig der B-Junioren-Bundesliga und 2019 mit der Fritz-Walter-Medaille in Bronze dekoriert. In zwei Jahren bei der B-Jugend schoss er in 40 Spielen auch 40 Tore!
Bruno Labbadia macht Lazar zum Taktik-Opfer
Im Mai 2020 gab er unter Trainer Bruno Labbadia sein Bundesliga-Debüt in schwierigen Zeiten, als Covid-19 auch den Fußball im Griff hatte. Beim 4:0 gegen den 1. FC Union – einem Geisterspiel wegen der Pandemie – wurde Samardzic in der 81. Minute für den Norweger Per Skjelbred eingewechselt. Es folgten noch zwei Kurzeinsätze beim 0:1 in Dortmund und der 1:4-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt. Gegen Frankfurt wechselte Labbadia das Talent nach 34 Minuten ein, aber bereits nach 55 Minuten wieder aus, was für Verärgerung im Lager von Samardzic sorgte. Er war Opfer der Taktik geworden, weil Hertha nach dem Platzverweis für den Belgier Dedryck Boyata in Unterzahl spielen musste.

Das Kapitel Hertha BSC ging dann recht abrupt zu Ende. Samardzics Berater und sein Vater Mladen forcierten einen Wechsel in der Hoffnung auf mehr Spielzeit für das große Talent. Dazu kam es tatsächlich nach einigem unschönen Hin und Her, RB Leipzig sicherte sich für 500.000 Euro Ablöse die Dienste des feinen Technikers mit Torinstinkt. Doch bei RB mit seinen vielen hochklassigen Profis kam Samardzic nur zu neun Pflichtspieleinsätzen unter Trainer Julian Nagelsmann. Nach einem Jahr wechselte Samardzic zu Udinese Calcio in die Serie A. Seine Zeit in Leipzig schätzt er so ein: „Das war kein verlorenes Jahr. Ich konnte Erfahrungen auf höchstem Niveau sammeln.“
Samardzic: „Werde meine Chancen bekommen“
Nun aber steht der 22-Jährige vor dem bisherigen Höhepunkt seiner Laufbahn. Mit Serbien trifft er in der EM-Gruppe C auf England, Dänemark und Slowenien. Samardzic freut sich über das Vertrauen von Nationaltrainer Stojkovic. „Er hat Gespräche mit mir geführt, mir gesagt, was er an mir schätzt und dass ich meine Chancen bekommen werde. Ich weiß um die Konkurrenz im eingespielten Mittelfeld. Umso mehr ist es aber eine Bestätigung für meine Leistung und Entwicklung, dass ich dabei bin. Denn das war genau das Ziel, das ich hatte, als ich mich für Serbien entschieden habe.“




