Ob die Trainer-Legende Uwe Klimaschefski (86) das Duell von Hertha BSC am Sonntag gegen den 1. FC Magdeburg am Fernseher verfolgt hat, ist nicht bekannt geworden. Sollte „Klima“, wie er gerufen wurde, das Spiel verpasst haben, wird man ihm sicher zugetragen haben, dass er weiter einen uralten Rekord bei Hertha BSC hält.
Die Niederlage von Hertha gegen Magdeburg (0:2) beendete eine beeindruckende Serie von sieben gewonnenen Pflichtspielen in Serie unter Cheftrainer Stefan Leitl (48). Vor allem in der langen Nachspielzeit verhinderte FCM-Torhüter Dominik Reimann Treffer der Berliner. Hertha unter der Leitung von Klimaschefski aber blieb vor beinahe 45 Jahren im Februar/März 1981 sogar in acht Pflichtspielen in Folge siegreich – sechsmal in der Zweiten Liga Nord und zweimal im DFB-Pokal.
Herthas Siegrekord bleibt bei Uwe Klimaschefski
Weniger diese Serie – Hertha scheiterte damals hauchdünn am Aufstieg in die 1. Liga – ist von Klimaschefskis Wirken in Erinnerung geblieben, dafür seine vielen kuriosen Sprüche („Unsere Spieler können 50-Meter-Pässe spielen, fünf Meter weit und 45 Meter hoch“). Skurril und tatsächlich verbürgt ist, dass „Klima“ Mitte der 1970er-Jahre als Coach des FC Homburg beim Training am Rosenmontag den angetrunkenen Platzwart an den Pfosten des Tores binden ließ …

Solch verrücktes Szenario und solche Sprüche sind heute undenkbar. Stefan Leitl etwa ist das Gegenteil von einem Sprücheklopfer und ein seriöser Trainer. Trotz der jüngsten schmerzhaften Niederlage, die Hertha den großen Sprung nahe an die Aufstiegsränge verwehrte, ist es an der Zeit, wieder einmal die gute Arbeit des Berliner Cheftrainers zu betrachten.
Ich habe bislang 29 Hertha-Trainer bei ihrer Arbeit erlebt. Da gab es die emotionalen Jürgen Röber und Pal Dardai, die zuvor selbst sehr erfolgreiche Spieler waren. Mir fallen auch sofort der heißblütige Werner Fuchs, der unbändige Kämpfer Huub Stevens, der ironische Hans Meyer oder der ab und an auch sehr lautstarke Jos Luhukay ein, die allesamt tiefe Spuren hinterlassen haben.
Leitl hat seine Emotionen immer unter Kontrolle
Leitl ist schwer einzuordnen in diesen exklusiven Kreis. Der gebürtige Münchner ist immer hoch konzentriert und hat seine Emotionen stets unter Kontrolle, was nicht jedem Trainer gelingt. Er ist kein HB-Männchen, das nach Niederlagen in die Luft geht oder nach Ausreden sucht, noch flippt er nach Siegesserien vor Euphorie aus. Er freut sich eher leise und schaut sofort auf das nächste Duell. Diese Bodenständigkeit hat Leitl inzwischen seinen Profis eingeimpft.
Was mich zuletzt besonders beeindruckt hatte, war Leitls Aussage nach dem rauschhaften 6:1-Sieg im DFB-Pokal gegen Kaiserslautern. Als er nach seinem „Spieler des Spiels“ gefragt wurde, waren das nicht Torschützen wie Marten Winkler oder Kennet Eichhorn. „Den besten Job von allen haben die Spieler gemacht, die gar nicht zum Einsatz kamen, weil sie sich total mit dieser Mannschaft identifizieren und total unterstützt haben. Das sind meine Spieler des Spiels!“ Solche Worte schweißen ein Team zusammen.
Leitl hat in dieser Spielzeit eigentlich zwei sehr unterschiedliche Hertha-Mannschaften trainiert. Zum total verkorksten Saisonstart bis weit in den Herbst hinein musste er sich wie der Chef eines Lazaretts vorgekommen sein. Oft fehlten zehn, zwölf verletzte Profis, darunter zahlreiche Langzeitverletzte. Leitls Improvisationstalent war gefragt. Frust ließ er nicht aufkommen. Erst in den zurückliegenden Wochen war der Kader fast komplett, was neue Herausforderungen mit sich brachte. Es waren harte Entscheidungen zu treffen, was die Einsatzzeiten der Spieler betraf. Alle mussten mitgenommen werden und das Gefühl haben, wichtig zu sein.



