Ivica Olic (44) und Josip Simunic (46), die beiden ehemaligen Hertha-Profis, werden bald in der schönen Fontane-Stadt Neuruppin zu Gast sein. Im 30.000-Einwohner-Städtchen, nur knapp 80 Kilometer nördlich von Berlin gelegen, schlägt ab 9. Juni die kroatische Nationalmannschaft ihr EM-Quartier auf. Das Team wird im 4-Sterne-Superior-Hotel Mark Brandenburg absteigen. Der ehemalige, auf dem Platz als Schlitzohr bekannte Top-Stürmer Olic kommt als Co-Trainer von Chef Zlatko Dalic (57) nach Deutschland und Abwehr-Riese Josip Simunic als prominenter Ex-Nationalspieler und „Freund der Nationalelf“.
Am 10. Juni ist im Volksparkstadion, der Heimstätte des MSV Neuruppin, ein öffentliches Training der Kroaten geplant – mit etwa 4000 Zuschauern wird gerechnet. Das Interesse ist groß. Kroatien, Vize-Weltmeister 2018 und WM-Dritter 2022, gehört bei der EM der sogenannten Hammergruppe an. Die Gegner heißen: Spanien, Italien (mit Hertha-Legende Nello Di Martino als Logistikhelfer) und Albanien.
Olic (104 Länderspiele für Kroatien) und Simunic (105 Länderspiele) standen häufig gemeinsam auf dem Platz für ihr Nationalteam – auch bei Welt- und Europameisterschaften. Doch die beiden Großen des kroatischen Fußballs haben einst sehr unterschiedliche Wege bei Hertha BSC beschritten. Für Olic war Hertha nur ein Intermezzo, eine Marginalie in seiner Karriere. Simunic dagegen bestritt den Großteil seiner Laufbahn bei den Blau-Weißen und wurde dort zu einer Institution.
Verwirrspiel von Dieter Hoeneß um Ivica Olic
Dabei gehört die Verpflichtung von Ivica Olic ins Kuriositäten-Kabinett. Der damals blutjunge Angreifer von NK Marsonia Slavonski Brod hatte 1998 einen Vorvertrag bei Inter Mailand unterschrieben. Da er noch keine 18 Jahre alt war, hätte er dort noch kein Pflichtspiel bestreiten dürfen. Das wäre nur möglich gewesen, wenn Inter eine hohe Entschädigung an den kroatischen Verband und Marsonia gezahlt hätte. Inter wollte das nicht und Olic besaß keine Geduld zu warten.

Dann kam Hertha ins Spiel und zahlte 600.000 DM Ablöse. Doch zuvor holte Manager Dieter Hoeneß Olic zum Probetraining nach Berlin, wollte den künftigen Deal aber erst einmal geheim halten. Er stellte den Reportern, die Wind von einer bevorstehenden Verpflichtung bekommen hatten, den säbelbeinigen Jungprofi als Danko Dikic vor. Dikic aber war lediglich der Name des Beraters von Olic. Es seien zu viele andere große Vereine hinter dem jungen Angreifer her, begründete Hoeneß sein Versteckspiel. Olic aber passte damals nicht zu Hertha – aus welchen Gründen auch immer.
Nach der Hertha-Zeit startete Ivica Olic durch
Am 1. November 1998 wurde er beim 3:0-Sieg gegen den 1. FC Nürnberg ab der 76. Minute für Alphonse Tchami eingewechselt. Danach kam er bei einem 2:0-Auswärtserfolg beim VfL Bochum ab der 46. Minute für Pal Dardai auf den Platz. Das war es für Hertha in Liga eins, einige Einsätze in der U23 folgten.
Zwischenzeitlich musste Olic auch zum Militärdienst in seine Heimat zurück. Olic und Hertha blieben ein Missverständnis und niemand bei den Berlinern hatte wohl geahnt, welche große Karriere Olic später hinlegen sollte. Dinamo Zagreb, ZSKA Moskau, Hamburger SV, Bayern München und VfL Wolfsburg hießen seine wichtigsten Stationen. Überall überzeugte er als Torjäger und nimmermüder Arbeiter auf dem Platz. Am Ende standen 238 Bundesligaspiele mit 72 Treffern! Seit 2017 ist Olic an der Seite von Nationaltrainer Dalic als Assistent der Kroaten erfolgreich. Seine kurze Zeit bei Hertha brachte ihm dennoch ein großes Glück: Er lernte die Berlinerin Natalie kennen, seine spätere Frau, mit der er drei Kinder hat.
Josip Simunic kommt als Klub-Präsident
Ganz anders ist die Beziehung von Josip Simunic zu Hertha BSC. Zwischen 2000 und 2009 bestritt der schlaksige Innenverteidiger, der besonders gut mit Arne Friedrich harmonierte, 222 Bundesligaspiele für die Berliner, schnupperte 2008/09 unter Trainer Lucien Favre gar an der Meisterschale. Die hielt er einige Male nach Siegen gemeinsam mit den Fans in der Ostkurve in die Luft – allerdings war sie nur aus Pappmaschee. Leider verspielte das Team am Saisonende den möglichen Titel. Danach verkaufte Manager Michael Preetz, der Transfereinnahmen generieren musste, Simunic für sieben Millionen Euro an die TSG Hoffenheim.

Nach seiner Karriere arbeitete Simunic zwischen 2015 und 2017 als Co-Trainer der Nationalelf unter Chef Ante Cacic und danach als Trainer der U18 und U19 der Kroaten. Jetzt aber kommt er als Präsident des Fußballklubs NK Rudes aus Zagreb nach Deutschland. Im April 2023 – sofort nach seiner Zeit beim Verband – wurde er zum Präsidenten gewählt und will dort vor allem mit jungen Spielern Erfolg haben. „Ich habe noch enge Kontakte zur Nationalmannschaft, habe ja noch mit vielen Akteuren zusammengespielt“, sagt Simunic, „ich bin Fan von der Nationalelf, von meinem Land – in guten wie in schlechten Zeiten.“ Simunic besitzt Tickets für alle drei Gruppenspiele. Seine Prognose: „Wir haben eine sehr schwere Gruppe erwischt, aber wenn wir diese überstehen, werden wir weit kommen. Und viele Gegner werden großen Respekt vor uns haben.“ ■