Trainer vor dem Aus

237 Tage Cristian Fiel bei Hertha BSC: Die Chronik des bitteren Scheiterns

Rückschritt statt Fortschritt: Deswegen klappte es nicht mit Trainer Cristian Fiel.

Author - Wolfgang Heise
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Trainer Cristian Fiel fragt sich selbst, warum es bei Hertha BSC nicht klappt. Das 1:2 in Düsseldorf war wohl sein letztes Spiel.
Trainer Cristian Fiel fragt sich selbst, warum es bei Hertha BSC nicht klappt. Das 1:2 in Düsseldorf war wohl sein letztes Spiel.Imago Images/Beautiful Sports

Die Beurlaubung von Trainer Cristian Fiel wird für Sonntag bei Hertha BSC erwartet. Nach der vierten Pleite in Folge, dem 1:2 in Düsseldorf, ziehen die Bosse wohl endgültig die Reißleine. Statt Aufstiegsträume werden die Abstiegsalbträume auf Platz 13 mit nur 25 Punkten immer größer. 237 Tage Amtszeit von Fiel. Hier die Chronik eines bitteren Scheiterns.

25. Juni 2024: Optimismus beim Dienstantritt

Am 6. Juni 2024 hatte Fiel bei Hertha unterschrieben. Der Trainer wurde vom Liga-Konkurrenten 1. FC Nürnberg für eine Ablöse von rund 400.000 Euro losgekauft. 19 Tage später wird er an seinem ersten offiziellen Arbeitstag vorgestellt. Fiel gibt sich optimistisch, erklärt seine Philosophie vom mutigen, offen Ballbesitzfußball. Wann es die Spieler in den Köpfen verinnerlicht haben? Darauf antwortet Fiel so: „Wir müssen die Idee, so schnell wie möglich reinbekommen, um Spiele zu gewinnen. Eine genau Zeit? Das ist schwer zu beantworten.”

16. Juli 2024: Reese-Schock von Cottbus

Es sollte ein harmloses Testpiel bei Drittligist Energie Cottbus werden, doch das 2:2 in der Lausitz wird zur üblen Treterei. Energie-Verteidiger Filip Kusic senst Fabian Reese so brutal um, dass er im Krankenhaus am rechten Sprunggelenk operiert werden muss. Erst vor einer Woche konnte Reese wieder in der Startelf stehen.  Auch Neuzugang Kevin Sessa erwischte es am Knie, er fällt wochenlang aus. Der Verletztenfluch zieht sich durch die ganze Hinrunde. Fiels Ambitionen geraten schon früh in Gefahr, statt schöner Theorie zählen Improvisationskünste und schnöder Pragmatismus.

23. Juli 2024: Tabakovic-Verkauf und kein Ersatz

Nach dem Fehlstart in die Saison (1:2-Heimpleite gegen Paderborn und einem 1:1 beim HSV) wird Top-Torjäger Haris Tabakovic an Bundesligist TSG Hoffenheim für rund 5 Millionen Euro verkauft. Das Geld kann der Klub gut gebrauchen, doch Fiel findet innerhalb des Teams keinen Stoßstürmer, der nur annähernd so trifft wie Tabakovic. Statt gleich auf den erfahrenen Florian Niederlechner zu setzen, probiert es Fiel mit Neuzugang Luca Schuler und Derry Scherhant als Mittelstürmer, um dann doch Niederlechner zu bringen.

5. Oktober 2024: Fiel kritisiert mangelnden Siegeswillen

Nach dem 2:2 bei Schalke 04 am 8. Spieltag kritisiert Fiel zum ersten Mal das Dauerproblem in Herthas Team: Spiele verwalten, statt mutig nach vorne zu spielen:  „Ich will, dass die Mentalität reinkommt, dass wir spielen, um zu gewinnen.” Es wird aber nicht wirklich besser. Die Spieler schaffen es nicht, über 90 Minuten konstant zu spielen.

13. Dezember 2024: Heimfluch und Mega-Blamage

Der Anfang vom Ende für Cristian Fiel: Im Dezember blamierte sich Hertha gegen Aufsteiger Preußen Münster. Das Heimspiel verloren die Blau-Weißen mit 1:2.
Der Anfang vom Ende für Cristian Fiel: Im Dezember blamierte sich Hertha gegen Aufsteiger Preußen Münster. Das Heimspiel verloren die Blau-Weißen mit 1:2.Imago Images/Koch

Schon vor dem letzten Heimspiel gegen Aufsteiger Preußen Münster hat Hertha einen neuen vereinsinternen Peinlich-Rekord in der Zweiten Liga. Nur zwei Siege, so schlecht waren die Blau-Weißen noch nie im Unterhaus. Doch es geht noch schlimmer: 1:2 gegen Münster, erste Pfiffe gegen das Team und Fiel von den treuen Fans. Kapitän Toni Leistner sagt: „Schluss mit nett, jetzt muss Tacheles geredet werden.“ Die Spieler halten ohne Fiel eine Krisensitzung ab. Immerhin gibt es im letzten Spiel des Jahres seine Mini-Wiedergutmachung, ein 2:2 bei Hannover 96. Die Bosse halten an Fiel fest und hoffen auf eine bessere Rückrunde mit mehr Heimsiegen.

1. Februar: 0:2-Desaster beim Tabellenletzten

Mit einem einem glücklichen Auswärtssieg in Paderborn (2:1)  und der nächsten Heimpleite gegen den HSV (2:3) startet Hertha in die Rückrunde. Es folgt dann ein Desaster. Die Blau-Weißen verlieren nicht nur ihre Auswärtsstärke, sondern blamieren sich beim Tabellenletzten Regensburg mit 0:2. Seit dieser Niederlage steht Fiel endgültig zur Diskussion. Doch er darf auch noch das nächste Heimspiel gegen Kaiserslautern mit 0:1 verlieren und weitermachen.

15. Februar: Fiels Endspiel in Düsseldorf geht verloren

Es wirkt ein bisschen wie Ironie. Hertha macht bei Fiels Endspiel in Düsseldorf eines der besten Saisonspiele, verliert aber 1:2, weil mal wieder die Torchancen nicht genutzt werden. Nach dem Abpfiff ahnt Fiel, dass es bald vorbei sein kann: Letzten Endes geht es immer um den Verein. Die Ergebnisse waren auch nicht gut. Es ist kein Geheimnis, wie der Fußball funktioniert. Jetzt müssen wir gucken, was passiert.“■