Klamotten mit dem alten BFC-Logo mit einem Stern, den eine 10 für die Meistertitel ziert, trägt er immer noch mit Stolz: Bodo Rudwaleit. 
Klamotten mit dem alten BFC-Logo mit einem Stern, den eine 10 für die Meistertitel ziert, trägt er immer noch mit Stolz: Bodo Rudwaleit.  Foto: Patrick Skrzipek

Zehn Meistertitel am Stück – das haben noch nicht einmal die Bayern, mit 31 Triumphen der Titel-Hamster schlechthin, geschafft. Den letzten Schritt dahin müssten sie in der neuen Saison noch gehen. Vieles deutet darauf hin, dass sie trotz etlicher Neider ihren Neunerpack veredeln. Zumal ihr neues Heimtrikot farblich schon arg ins Weinrote geht...

Einer, der ihnen den Coup von Herzen wünscht, kennt das Gefühl einer Titel-Dekade bereits: Bodo Rudwaleit (63). Der einstige Kult-Keeper des BFC Dynamo stand bei allen zehn Meisterschaften der Männer aus Hohenschönhausen im Kasten und sagt: Hey, Bayern, auch euch gönne ich den Zehner.

Rudwaleit ist Bayern-Mitglied

Die langjährige Nummer 1 steht souverän über den Dingen. Es ist vielmehr die Verbeugung des Rekordmeisters Ost vor dem Rekordmeister West. Dabei fällt diese Reverenz dem ehemaligen Nationaltorhüter, der 33-mal das DDR-Auswahltrikot trug, 1980 in Moskau Olympiasilber gewann und bei zwei FDGB-Pokalsiegen den Kasten hütete, überhaupt nicht schwer.

Rudwaleit ist nämlich durch und durch Bayern-Fan und hat regelrechte Sehnsucht nach einem Stadionbesuch. „Ich bin Mitglied bei den Bayern“, sagt er, „vor Corona bin ich jede Saison einige Male nach München gefahren. Auch wenn sie in der Nähe gespielt haben, in Wolfsburg oder damals noch in Hamburg, war ich dabei.“

Versprechen an Enkelin

Seinen Sohn Robert, der einst auch beim BFC spielte, die enormen Fußstapfen des Vaters aber nicht ganz auszufüllen vermochte, hat er im Schlepptau. Sie haben es stets genossen. „Wir sind immer ganz gemütlich losgefahren und haben einen Männertag daraus gemacht“, sagt Rudwaleit, „Themen während der Fahrt hatten wir genug. Meist haben wir über Gott und die Welt gelästert.“

An seinen letzten Besuch jedoch kann sich der 2,02-m-Hüne wegen der Pandemie kaum noch erinnern. „Oh Gott“, grübelt er, „ist das lange her. Meiner Enkeltochter Hannah, sie ist jetzt 8, und die immer mal mitwollte, hatten wir versprochen, dass sie das natürlich darf. Nur hat das leider noch nicht geklappt. Ich kann sie immer nur trösten und sagen: ,Hase, da fahren wir mit Opi und Papi zusammen hin, abgemacht.’“

Rekorde sind zum Brechen da

Womöglich erlebt die Kleine sogar die zehnte Schale am Stück mit. Opa Bodo jedenfalls ist voller Vorfreude: „Rekorde sind doch dazu da, dass man sie verbessert. Sonst hätte Robert Lewandowski auch nicht den Tore-Rekord von Gerd Müller brechen dürfen. Es hat lange gedauert, aber es ist passiert.“

Da macht der Fußball keine Ausnahme. „Das ist im Sport nun einmal so“, sagt Rudwaleit, „nehmen wir nur die Leichtathletik, da kommt auch immer mal jemand, der schneller läuft, höher springt oder weiter wirft, der es besser oder zumindest mal genauso gut macht.“

Nur: Haben die Bayern, die schon alles zig-mal gewonnen haben und bei denen ein Meistertitel langsam zur Massenware gerät, darauf gerade in einer einzigartigen Saison, die eingebettet ist zwischen eine EM- und eine WM-Endrunde, überhaupt Bock?

Kein Zweifel an Bayern

„Da habe ich nicht die geringsten Zweifel“, ist Rudwaleit sicher, „da kommt immer wieder jemand und motiviert dich. Jürgen Bogs, unser Trainer, hat uns regelrecht getrieben. Da habe ich auch bei Julian Nagelsmann keinerlei Bedenken. Uns haben sie manchmal sogar gesagt, was wir eigentlich für Pfeifen seien und dass wir uns gefälligst anzustrengen hätten. Das wird einem Bayern-Spieler niemand sagen, aber es waren halt andere Zeiten. Gewirkt jedenfalls hat es. Irgendwann waren wir Meister, dann zum zweiten und zum dritten Mal – und dann wollten wir es immer wieder werden.“

Das nennt man wohl Titel-Sucht oder Meister-Gier.

Außerdem ist für den einstigen Haudegen wichtig, wie ein Verein mit seinen Ambitionen umgeht. Für Rudwaleit spielt das eine ganz enorme Rolle. „Die Bayern gehen mit diesem Thema völlig offen um“, ist er überzeugt, „sie sagen, dass sie es wollen, dass sie es unbedingt wollen. Aber die anderen? Dortmund will auch schon seit zehn Jahren Meister werden. Aber so richtig wagen sie sich nicht aus der Deckung. Deshalb denke ich, dass die Bayern den Zehner packen.“

Rudwaleit wäre, einerseits als Fan, viel mehr noch als Sportsmann, wahrscheinlich einer der ersten Gratulanten.