Man musste nicht nur Westfernsehen schauen, wenn man die Stars von „drüben“ in der DDR erleben wollte. Vor allem ab den 70er-Jahren gaben sich unsere Lieblinge aus dem Westen auch im Osten die Ehre. Und sie waren nicht nur im „Kessel Buntes“, der Samstagabend-Show des DDR-Fernsehens, zu sehen. Einige tourten durch den SED-Staat – wie dieser Herr aus der Schweiz. Können Sie sich noch an Emil erinnern?
Was war für den DDR-Bürger der Inbegriff für die Schweiz? Ganz einfach: Schokolade, Uhren – und Emil. Die gute Schokolade und die berühmten Uhren aus dem Alpenland gab es natürlich nicht. Aber Emil, den gab es – und er kam zu uns.
Mit vollem Namen heißt er Emil Steinberger. Und er gehörte zu den Künstlern aus dem Westen, die im Osten schwer beliebt waren. Der Komiker, der mit seiner tollpatschigen Art und Weise die Menschen zum Lachen brachte.
Nachdem Emil mit einigen TV-Sendungen im Westen Deutschlands bekannt geworden war, holte ihn das DDR-Fernsehen. 1976 hatte der Schweizer seinen Auftritt im „Kessel Buntes“. Als Herr mit Hut und einem Kinderwagen – so stand Emil auf der Bühne des alten Friedrichstadt-Palastes.

Er mimte einen recht hilflosen Vater, der nicht so richtig wusste, wie man mit einem Kinderwagen umgeht. In einem merkwürdigen Schweizer Dialekt sprach Emil zum Publikum, den er selbst als „Hochdeutsch“ bezeichnete.
Der Auftritt im „Kessel“ hatte Folgen. Zunächst für viele Menschen in Sachsen, die wegen Nichtempfangs des Westfernsehens nun zum ersten Mal Emil erlebten und ihn, wie auch die restliche DDR-Bevölkerung, nun fortan für seinen grandiosen Humor liebten.
Geliebt wurde der Komiker auch von den Kulturfunktionären. Nach dem „Kessel“ bekam Emil gleich Auftritte im Kabarett Die Distel.
West-Stars im Osten: So eroberte Emil Steinberger die DDR
Emil Steinberger, 92 Jahre alt, kann sich noch immer an die Geschehnisse von damals erinnern. Am verrücktesten sei es mit seinem Erfolg in der DDR gewesen, sagte er in einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung. „Als die Mauer noch stand, bekamen die Menschen dort meine Sachen über Freunde, die aus dem Westen Kassetten hinüberschickten. Dann spielte ich in Ost-Berlin im Friedrichstadt-Palast und im Kabarett-Theater Distel. Meine Nummern funktionierten zuerst in der DDR.“
Warum das so war? „Es ist nichts Politisches darin. Die Menschen durften lachen“, sagte Emil Steinberger. Politisch wurde es dann doch. „Sie wollten mich für eine Tournee engagieren, aber ich sagte ab. Nach einer Woche in der Distel hatte ich festgestellt, dass da nur immer Funktionäre drin saßen, nur die kamen an Billetts. Ich dachte: Für die also nicht.“
Und es gab noch einen anderen Grund: „Während meines Aufenthalts wurde ich auf Schritt und Tritt von einer russischen Agentin begleitet und überwacht“, erzählte Steinberger der FAZ.

Das sei eine verrückte Frau gewesen, so Emil. „Sie hat mich einen ,verdammten Kapitalisten‘ genannt. Die Hälfte meiner Gage musste ich übrigens in der DDR ausgeben. Das war vertraglich so bestimmt. Ich habe das Geld in Briefumschläge gesteckt und an Mitarbeiter des Fernsehsenders verteilt.“
Auch wenn es zu der Tournee nicht kam: Für Emil-Fans in der DDR gab es dann aber eine Schallplatte mit seinen Sketchen. Steinberger weiß, wie sehr ihn die Menschen im Osten lieben.
„Etliche Jahre nach der Wende habe ich eine Tournee durch die neuen Bundesländer gemacht. Die Resonanz war unglaublich. Alle Vorstellungen waren sofort ausverkauft“, sagte Emil in dem FAZ-Interview im Februar 2025. „Die Leute konnten kaum glauben, dass ich da leibhaftig vor ihnen stand. Ich war für sie wie eine Fata Morgana.“
Im Juni gibt es für die Emil-Fans in ganz Deutschland ein Wiedersehen mit dem Star. „Typisch Emil“ heißt der Dokumentarfilm, der dann ins Kino kommt. ■