68 Jahre ist sie und kein bisschen leise. DDR-Star Katrin Sass, die nicht nur in ihren TV-Rollen („Usedom-Krimi“, „Weissensee“) starke Frauen spielt, sondern auch als Privatperson sich nicht gerne die Butter vom Brot nehmen lässt. Die Schauspielerin nimmt kein Blatt vor den Mund, auch wenn es am Ende Ärger geben kann. Genau diese liebenswerte Aufmüpfige macht ARD-Moderator Kai Pflaume (58, „Wer weiß denn sowas“) jetzt zur Henne.
Das ist schon ein starkes Stück, eine starke Frau wie Katrin Sass ausgerechnet mit einem Federvieh zu ehren. Doch der Fernseh- und Kino-Star wird es vermutlich gelassen nehmen, sogar vor Freude lachen, wenn sie am Freitag (12. September) in Leipzig den ostdeutschen Publikumspreis „Goldene Henne“ für ihr Lebenswerk bekommt. Vermutlich von Kai Pflaume überreicht – oder sogar vom „Traumschiff“-Käpt’n Florian Silbereisen. Beide moderieren Gala, die erstmals im Ersten (20.15 Uhr) und nicht nur in den „dritten“ ARD-Programmen läuft.
Ehre für eine Schauspielerin, die auch aneckt
Diese Ehrung wird Sass sicher guttun, auch den Justiz-Ärger vergessen lassen, den die Schauspielerin noch vor einiger Zeit hatte. Da ging es um einen Vorfall, der sich Ostern 2024 nahe dem Müggelsee zugetragen haben soll. Fremdenfeindliche Beleidigungen gegenüber vier Picknickern sollen gefallen sein. Am Ende ermittelte die Staatsanwaltschaft.
Was an den Vorwürfen stimmte bleibt unklar. Das Amtsgericht Tiergarten stellte jedenfalls in diesem Mai das Verfahren ein – gegen eine Geldzahlung, unter anderem an eine gemeinnützige Einrichtung, wie der „Spiegel“ berichtete. Während des Verfahrens wurde stets betont, dass Sass „sich in ihrem ganzen Leben, auch in ihrer künstlerischen Arbeit, regelmäßig gegen Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit gewandt und engagiert hat“.

Vor allem zeigt sie Missstände offen und schonungslos auf, die in der DDR geschahen, wo Sass bereits ein Publikumsliebling war. Nicht allen gefallen Sätze wie: „Jeder, der mit der Stasi zusammengearbeitet hat, sollte zur Rechenschaft gezogen werden.“ Der Grund: Die Schauspielerin wurde unter anderem von ihrer besten Freundin in der DDR bespitzelt, wie Sass in einer Talkshow erzählte.
Sass gehört zu den wenigen DDR-Stars, die auch nach der Wende Erfolg haben. Ob als 100-prozentige Kommunistin in der Tragikomödie „Good bye, Lenin“, als Stasi-Opfer in der TV-Serie „Weissensee“ oder als gescheiterte Staatsanwältin im „Usedom-Krimi“: „Sass, vielfach ausgezeichnet, gehört zu den ganz Großen ihres Fachs“, urteilt nun die „Goldene Henne“-Jury – ehrt den Star mit dem Federvieh.
Übrigens nimmt die Geehrte einen ganz besonderen Platz in der Geschichte der „Goldenen Henne“ ein. Denn der ostdeutsche Publikumspreis feiert seinen 30. Geburtstag, der an die unvergessene DDR-Entertainerin Helga „Henne“ Hahnemann (starb 1991) erinnert. 1995 fand in Berlin die erste Gala statt. Seitdem wird der Preis von „SuperIllu“ und MDR (in Kooperation mit NDR und RBB) vergeben.