35 Jahre, nachdem die letzten politischen Häftlinge das berüchtigte DDR-Frauengefängnis Hoheneck verlassen haben, wird dort kommende Woche eine neue Gedenkstätte eröffnet. Zu einem ersten Rundgang hat sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier angekündigt. Das einstige Burgareal in Stollberg bei Chemnitz diente seit 1864 als Gefängnis. Ab 1950 richtete die DDR dort ihr zentrales Frauengefängnis ein. Bis 1989 waren etwa 24.000 Frauen eingesperrt, rund 8000 von ihnen aus politischen Gründen.
Frauen aus der ganzen DDR inhaftiert
Die „Politischen“ saßen in Hoheneck oft mehrere Jahre, weil sie einen Ausreiseantrag gestellt oder einen Fluchtversuch in den Westen unternommen hatten. Ihnen wurden „versuchte Republikflucht“, „illegale Verbindungsaufnahme“ und „landesverräterische Agententätigkeit“ vorgeworfen. Der Name „Hoheneckerinnen“ wurde zum Synonym für die politische Verfolgung von Frauen in der DDR.

Die Gedenkstätte sei längst überfällig und ein wichtiges Zeichen an die ehemals politischen Häftlinge, erklärte Sachsens Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Nancy Aris. „Dieser Ort hat nationalen Stellenwert. Hier waren Frauen aus der gesamten DDR inhaftiert.“ Nach dem Festakt am 11. Juli sind den Angaben nach alle Interessierten am 12. Juli zu einer Besichtigung des Ortes und der neuen Dauerausstellung eingeladen. Regulär soll die Gedenkstätte im August für Publikum öffnen.
Das System Hoheneck
Im ehemals größten und berüchtigtsten Frauengefängnis der DDR landeten auch fluchtwillige Frauen als politische Gefangene, wo sie sich mit Mörderinnen und psychisch kranken Frauen die Zelle teilen mussten, heißt es auf der Webseite der Gedenkstätte. Nicht selten war das Gefängnis hoffnungslos überbelegt. Das bedeutete für die Inhaftierten schlafen in Drei-Etagen-Betten, weitere Frauen, die auf dem Fußboden schliefen. Fehlende Hygiene, keine Privatsphäre. Bis zu 48 Frauen teilten sich eine Zelle.
Der Haftalltag der Frauen wurde durch den Hass der Mitgefangenen und die drakonischen Strafen der Erzieherinnen geprägt. Obendrein zwang man sie, bis zur Erschöpfung Unmengen von Strumpfhosen und Bettwäsche für die Wühltische westdeutscher Warenhäuser zu produzieren. Hoheneck gehörte zu den lukrativsten Produktionsstätten des Textilkombinats ESDA Thalheim, schreibt der MDR. Auch das Bettwäsche-Kombinat Planet ließ hier von den Gefangenen nähen.

Die Kinder der Inhaftierten, oder Kinder, die in Hoheneck geboren wurden, wurden schnell von den Müttern getrennt. Die Kinder kamen ins Kinderheim, bei Angehörigen unter oder wurden zwangsadoptiert. Die Frauen mussten oft mit dem schweren Schicksal kämpfen, nicht zu wissen, ob sie ihre Kinder jemals wiedersehen werden.
Plan für Hotel mit Gefängnisfrühstück scheiterte

Im Frühjahr 2001 wurde Hoheneck als Gefängnis geschlossen, danach stand es zunächst leer. 2003 erwarb der saarländische Immobilienmakler Bernhard Freiberger das Areal vom Land Sachsen. Sein Plan, ein Erlebnishotel mit „Gefängnisfrühstück“ aus dem früheren Unrechtsort zu machen, scheiterte unter anderem am Protest der Opferverbände.
Die Stadt Stollberg kaufte die Immobilie 2014 von dem Privateigentümer für rund 160.000 Euro. In das Gesamtareal zogen zunächst die Erlebniswelt „Phänomenia“ und das Kinder- und Jugendtheater „Burattino“ ein. Die Einrichtung der Gedenkstätte verzögerte sich aus verschiedenen Gründen über Jahre. Die Kosten von rund 1,4 Millionen Euro teilten sich vor allem Bund und Land Sachsen. ■