Es wäre eine Sensation

Ätsch, Bayern! Uraltes Dokument zeigt: Bratwurst ist doch ein Ossi

Bisher liegt die älteste Wurstbude in Regensburg. Nun könnte eine alte Urkunde dafür sorgen, dass die Geschichte der Bratwurst neu geschrieben werden muss.

Author - Florian Thalmann
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Auch Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ sich die Bratwurst auf so manchem Termin schmecken. Hier: Die Politikerin mit einer Thüringer Wurst im Jahr 2005.
Auch Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ sich die Bratwurst auf so manchem Termin schmecken. Hier: Die Politikerin mit einer Thüringer Wurst im Jahr 2005.photo2000/imago

Jeder, der im Osten lebt, würde vermutlich mit Überzeugung behaupten, dass die Bratwurst ein Ossi ist. Schließlich gilt Thüringen als die Wiege der Wurst, die auf keinem Grillabend, keinem Volksfest und keinem Weihnachtsmarkt fehlen darf. Doch wirklich sicher war das nicht: Bisher stritten sich Regensburg und Nürnberg darum, wo die Wurst zuerst gebraten wurde. Nun dreht sich der Wind – und die Geschichte der Bratwurst muss womöglich umgeschrieben werden. Denn eine neue Entdeckung macht Hoffnung, dass die Bratwurst doch ein Ossi war!

Ältester Nachweis für die Bratwurst: Kommt sie in Wirklichkeit aus Erfurt?

Vor 25 Jahren zoffen die Städte in Bayern darum, wo genau die erste Wurstbude stand. Das Lokal „Wurstkuchl“ in Regensburg schmückt sich aktuell mit dem Titel „Älteste Bratwurststube der Welt“ – der Grund ist, dass hier im Jahr 1378 erstmals ein Koch erwähnt wurde, der die Bratwurst briet. Das wird auf der Seite des Ladens ordentlich beworben. „Am Donaustrudel, gleich neben der Steinernen Brücke, steht seit über 500 Jahren die historische Wurstkuchl. Dort, wo sich schon im Mittelalter die Regensburger Steinmetze und Hafenarbeiter ihre Stärkung gönnten, ist bis heute vieles beim Alten geblieben“, heißt es. Doch bald könnte der Titel der ältesten Wurstbude neu vergeben werden – und zwar ausgerechnet an Thüringens Hauptstadt Erfurt.

Forscher aus der Landeshauptstadt haben nämlich den bisher ältesten Nachweis für einen Bratwurststand gefunden haben – zumindest behaupten sie das. Es geht um eine Urkunde aus dem Jahr 1269, in der davon die Rede ist, dass sich an der berühmten Krämerbrücke in Erfurt ein Bräter befunden haben könnte. Der Haken: In der Urkunde wird nicht aufgelöst, was genau dort gebraten wurde. Aber: „Wir wissen, was die Menschen im Mittelalter gegessen haben: Würste und gebratenes Fleisch“, sagt Martin Sladeczek, Projektleiter Welterbe der Thüringer Landeshauptstadt.

Eine alte Urkunde verrät, dass sich der älteste Bräter für Bratwurst vielleicht doch nicht in Regensburg befand - sondern an der Krämerbrücke in Erfurt.
Eine alte Urkunde verrät, dass sich der älteste Bräter für Bratwurst vielleicht doch nicht in Regensburg befand - sondern an der Krämerbrücke in Erfurt.Jacob Schröter/dpa

Es liegt also nahe, dass an der Krämerbrücke auch Würste gebraten wurden – und damit wäre dieser neue Nachweis der allererste mit Erwähnung der Bratwurst. Zwar ist nicht ganz klar, wo genau sich der Bräter befand. Die Experten glauben aber, an der Außenmauer eines Restaurants etwas entdeckt zu haben, das früher ein Abzug gewesen sein könnte. Auch dieses Lokal hat Bratwürste auf der Karte. Sollten die Forschungen zu dem Ergebnis kommen, dass die Theorie stimmt, könnte sich das Restaurant vielleicht als älteste Bratwurstbude der Welt bezeichnen.

Der Projektleiter für das Welterbe in der Stadt Erfurt, Martin Sladeczek, sitzt auf dem Erfurter Wenigemarkt.
Der Projektleiter für das Welterbe in der Stadt Erfurt, Martin Sladeczek, sitzt auf dem Erfurter Wenigemarkt.Jacob Schröter/dpa

Bratwurst von 1404: In Arnstadt wurden Därme für einen Groschen verkauft

Bisherige Nachweise drehten sich um Bratwurstdärme, die in Arnstadt für einen Groschen verkauft wurden – das Angebot stammt aus dem Jahr 1404. Aus dem Jahr 1313 existiert zwar ein Nürnberger Schriftstück, in dem es darum geht, dass aus Lendenfleisch Würste gemacht wurde – allerdings war hier nicht die Rede vom Braten. Als Nachweis für die Bratwurst kann es also nicht gewertet werden. Ob die Geschichte mit dem Erfurter Fund nun neu geschrieben werden muss, wird sich zeigen. Den Forschern geht es aber übrigens nicht darum, sich zu streiten. Sie wollen nur herausfinden, was früher auf der Brücke verkauft wurde.

Unabhängig von allen Forschungen dürfte die Thüringer Rostbratwurst im Herzen der Menschen aus dem Osten die einzig wahre Bratwurst sein. Seit 2004 ist der Name der mittelfeinen Wurst, die hauptsächlich aus Schweinefleisch hergestellt wird, ein geografisch geschützter Begriff. Immerhin: die Nürnberger Bratwurst ist bereits seit 1998 geschützt. Nur Würste, die im Gebiet der Stadt und nach einer festgelegten Rezeptur hergestellt wurden, dürfen sich so nennen. Wann der Bratwurst-Streit endgültig geklärt wird, ist aber vielleicht auch gar nicht wichtig – Hauptsache, die Wurst schmeckt. (mit dpa)