Wer hat hier den Vogel abgeschossen? Ein verwaistes Nest eines längst ausgezogenen Mäusebussards steht im Zentrum einer skurrilen Debatte, die den ohnehin stockenden Wohnungsbau in Berlin um ein weiteres Kapitel absurder Hürden bereichert. Am Campus Schätzelberg in Berlin-Mariendorf – einem ambitionierten Bauprojekt mit einem Gesamtvolumen von 100 Millionen Euro – blockiert ein leeres Vogelnest den Bau von 230 dringend benötigten Wohnungen. Und das, obwohl der Mäusebussard, der hier einst brütete, schon seit Jahren das Weite gesucht hat!
In Berlin herrscht akuter Wohnungsmangel. Die Preise schießen durch die Decke, Menschen suchen verzweifelt nach bezahlbarem Wohnraum. Bis zu 230 neue Wohnungen, davon 85 gefördert, sollten auf dem ehemaligen Friedhofsgelände in Mariendorf entstehen. Für Gräber wurde die 23.850-Quadratmeter-Fläche nie genutzt, wohl aber von einem Vogel zum Brüten. Doch auch diese Zeiten sind längst vorbei. Und doch blockiert ein verfallenes Nest laut „B.Z.“ das Bauvorhaben. Was für ein Wahnsinn.
Wohnungen in Berlin dringend benötigt
Denn eigentlich ging der Plan so: Nach jahrelanger Planung und Investitionen in Millionenhöhe sollte 2025 in der Eisenacher Straße endlich mit dem Bau begonnen werden. Das Gelände, idyllisch gelegen zwischen alten Bäumen und der Grünanlage Schätzelberg, bietet eine einzigartige Chance für modernes, sozial durchmischtes Wohnen. Ein Inklusions-Campus, der nicht nur Wohnungen, sondern auch eine Kita sowie Inklusionsangebote für Menschen mit Behinderungen umfassen soll, soll entstehen. Doch nun liegt das Genehmigungsverfahren auf Eis – und das wegen eines verlassenen Vogelnests.

Der Bauherr hat längst einen Gutachter beauftragt, um den Zustand des Nestes zu bewerten. Das Ergebnis? Das Nest ist zerfallen, weist Löcher auf und wurde seit mindestens 2022 nicht mehr genutzt. Tatsächlich war der letzte Nachwuchs schon 2020 aus dem Nest gepurzelt. Der Vogel, der hier einst brütete, ist also längst über alle Berge.
Heißt im Umkehrschluss: Nach dem Bundesnaturschutzgesetz hätte das Nest seinen Schutzstatus längst verloren, denn dieser verfällt, wenn ein Nest zwei Jahre lang nicht mehr bewohnt wurde. Doch die Berliner Naturschutzbehörden zeigen sich hartnäckig. Statt zwei Jahre Schutzfrist gelten hier plötzlich vier Jahre – warum?
Große Wohnungsnot in Berlin, aber Bauprojekte kämpfen mit Hinternissen
Während die Behörden diskutieren, klettern die Baukosten unaufhörlich. Steigende Materialkosten, Zinsanstiege und Inflation lassen die Ausgaben explodieren. Doch anstatt schnelle Lösungen zu finden, wird über Vogelnester debattiert.
Jeder Monat Verzögerung bedeutet Mehrkosten, und das könnte das gesamte Projekt ins Wanken bringen. Scheitert der Bau von 230 Wohnungen, die Berlin so dringend braucht, am Ende also an einem leerstehenden Vogelnest?
Es geht hier nicht darum, den Naturschutz zu ignorieren. Im Gegenteil, Bausenator Christian Gaebler (SPD) betont in der „Bild“, dass „Standards so gesetzt werden müssen, dass die Natur zu ihrem Recht kommt – aber auch der Wohnungsbau.“ Doch in diesem Fall wirkt die Blockade absurd: Der Mäusebussard hat das Nest verlassen, der Naturschutz wird hier auf die Spitze getrieben – während tausende Menschen in Berlin händeringend nach einer bezahlbaren Wohnung suchen. ■