Wer plant diesen Wahnsinn?

Wegen Baustellen-Chaos: Kiezbäcker kämpft ums Überleben

Die Petersburger Straße in Berlin-Friedrichshain wird umgebaut. Und zwar jahrelang. Auch ein Kiezbäcker und andere Geschäftsleute leiden.

Teilen
Der Berliner Bäcker Recep Cevik kämpft wegen einer Baustelle ums Überleben.
Der Berliner Bäcker Recep Cevik kämpft wegen einer Baustelle ums Überleben.Markus Wächter

Seit Mitte September 2023 befindet sich die Petersburger Straße in Berlin-Friedrichshain im Umbau. Auf 880 Metern wird die viel genutzte Verkehrsverbindung für insgesamt 15 Millionen Euro neugestaltet, um sie fahrrad- und fußgängerfreundlicher zu machen. Geplant sind unter anderem breitere Radwege, neue Parkstreifen, zusätzliche Bäume und Pflanzen, außerdem Sitzbänke. Die Bauarbeiten, die bis zum dritten Quartal 2027 andauern sollen, haben aber schon jetzt erhebliche Auswirkungen auf die umliegenden Geschäfte. Mancher kämpft mit seinem Laden ums Überleben. Auch ein Kiezbäcker.

Besonders betroffen ist Recep Cevik, der seit zweieinhalb Jahren eine Kiezbäckerei auf der Petersburger Straße betreibt, berichtet die „Berliner Zeitung“ (Bezahlschranke). Sein Geschäft hat bereits mehr als 30 Stammkunden verloren, da der Zugang durch die Baustelle erschwert ist.

Während auf der gegenüberliegenden Straßenseite noch Verkehr fließt, ist der Bereich vor Ceviks Laden teilweise abgesperrt. Der Baulärm und die aufgerissenen Gehwege halten viele Passanten davon ab, sein Café zu betreten. Womöglich, muss man sagen, denn in die Köpfe der Kunden kann man natürlich nicht hineinsehen.

Kiezbäcker Cevik öffnet sein Geschäft um 5.30 Uhr und ist bereits ab 4 Uhr morgens vor Ort, um Lieferungen entgegenzunehmen. In den letzten Jahren hat er sich eine stabile Kundschaft aufgebaut, insbesondere durch Pendler, die auf dem Weg zur Arbeit Kaffee und belegte Brötchen mitnahmen. Doch dieser Umsatz ist durch die Baustelle drastisch eingebrochen.

Kiezbäcker zahlt 3000 Euro Miete

„Sicher wird alles am Ende ganz schön hier aussehen, das wird auch für uns von Vorteil sein“, sagt Cevik der „Berliner Zeitung“. Aber dafür müsse sein Laden noch mindestens bis zum Abschluss dieser Bauphase überleben.

Trotz der weiterhin vorhandenen Laufkundschaft, insbesondere durch Touristen, macht sich der Kiezbäcker Sorgen um die bevorstehenden Wintermonate, in denen weniger Menschen unterwegs sein werden. Seine monatlichen Fixkosten, darunter 3000 Euro Miete und rund 800 Euro Strom, setzen ihn zusätzlich unter Druck.

Der Kiezbäcker kritisiert die mangelnde Unterstützung der Behörden. Vor Beginn der Bauarbeiten wurde er zwar informiert, seine Vorschläge für einen etappenweisen Umbau, um den Geschäften eine bessere Chance zu geben, wurden jedoch abgelehnt. Die Bauarbeiten müssen laut Verwaltung am Stück erfolgen, um die Dauer des Projekts zu verkürzen.

Kiezbäcker macht Politik verantwortlich

Cevik und andere betroffene Geschäftsinhaber zweifeln jedoch daran, dass der Umbau wie geplant bis 2027 abgeschlossen wird. Sie fürchten, dass die lange Bauzeit und die mangelnde Rücksicht auf die lokalen Betriebe viele Existenzen gefährden könnten.

Seit dem Beginn langfristiger Bauarbeiten direkt vor seiner Tür hat der Kiezbäcker viele Kunden verloren.
Seit dem Beginn langfristiger Bauarbeiten direkt vor seiner Tür hat der Kiezbäcker viele Kunden verloren.Markus Wächter

Zusätzlich erschwert wird die Lage durch weitere Baustellen im Viertel, unter anderem durch Arbeiten von Vattenfall, die den Lieferverkehr beeinträchtigen. Cevik sieht die Situation als chaotisch und wenig koordiniert. Sollte er seine Kiezbäckerei schließen müssen, will er die Verantwortung auch bei der Berliner Politik sehen.

„Ich hätte mich gefreut, wenn die Politiker mal alle Gastronomie-Inhaber hier eingeladen hätten, um uns zuzuhören und etwas Entgegenkommen zu zeigen“, sagt er.

Trotz der schwierigen Lage möchte Cevik nicht aufgeben. Seine Kiezbäckerei ist nicht nur ein Geschäft, sondern auch Teil einer Familientradition, die er von seinem Vater übernommen hat. Er hofft auf Unterstützung seitens der Verwaltung, um die Belastungen durch die Bauarbeiten abzufedern. Besonders in Anbetracht der steigenden Betriebskosten und des Wettbewerbs mit Supermärkten ist er auf Hilfe angewiesen, um sein Geschäft langfristig zu erhalten. ■