Wie geht das denn?

Tschüss, Warteliste: Plötzlich hat Berlin jede Menge freie Kita-Plätze

Vorbei sind die Jahre, wo Eltern noch um einen Kita-Platz für ihre Tochter oder ihren Sohn kämpfen mussten. Jetzt hat sich das Blatt gewendet.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Hier ist noch Platz zum Spielen: Fast jede zweite Kita in Berlin ist auf der Suche nach Kindern. 
Hier ist noch Platz zum Spielen: Fast jede zweite Kita in Berlin ist auf der Suche nach Kindern. Monika Skolimowska/dpa

Es ist unglaublich: Vor Jahren mussten Eltern noch kämpfen, um für ihre Kinder einen Kita-Platz in der Hauptstadt zu bekommen. Und jetzt ist es genau umgekehrt. Viele Einrichtungen bitten regelrecht darum, Mädchen und Jungen aufnehmen zu dürfen. Denn Berlin hat plötzlich jede Menge freie Kita-Plätze. Über 28.000 sind es. Wie kann denn das sein?

Mütter und Väter, die gerade einen Kita-Platz suchen, haben ein leichtes Spiel. Allein der Kita-Navigator im Internet zeigt gerade für Oktober an, dass fast jede zweite der insgesamt über 2900 Kindertagesstätten in Berlin Aufnahmekapazitäten haben. Das war früher anders. Schon nach der Geburt eines Kindes mussten Eltern ihre Töchter und Söhne bei einer Kita anmelden, landeten auf Wartelisten.

Wie gesagt das war einmal. Nun sind die Kindergärten auf Suche. Wie die Kita „Kleine Kobolde“ in Pankow, die Kita „Mitmensch“ in Adlershof oder die Kita „Krümelmonster“ in Friedrichshain. Sie haben vor kurzem ihre Suchanzeigen auf der Onlineseite des Dachverbandes Berliner Kinder- und Schülerläden (DaKS) geschaltet. Manche machen sogar noch öffentliche Aushänge.

Jede Menge freie Kita-Plätze in Berlin: Wo sind die Kleinen nur geblieben?

Dabei sah noch vor den Sommerferien die Lage ganz anders aus. Zum Beispiel im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. „Noch zum Ende des Kitajahres, am 30.06.2024, schienen die Tagesbetreuungsangebote gut ausgelastet“, heißt es in einem Schreiben vom Jugendamt an alle Kita-Träger des Bezirkes, aus dem der Tagesspiegel zitiert.  „Von den 14.500 Plätzen, welche Sie als Kitaträger anboten, waren 13.947 (…) als vertraglich belegt registriert.“

Doch nun habe sich das Blatt gewendet. In dem Jugendamt-Schreiben heißt es weiter: „Viele Einrichtungen meldeten dem Jugendamt freie Plätze.“ Dazu nahm „die Anzahl der Familien, welche das Jugendamt um Unterstützung bei der Kitaplatzsuche baten, deutlich ab“. Eltern seien sogar jetzt in der komfortablen Lage, „zwischen unterschiedlichen Angeboten auswählen“ zu können.

Mehr Kita-Kinder am Stadtrand von Berlin

Woran es liegt? Zunächst wurden die Kitas in den vergangenen Jahren ausgebaut. Über 25.000 zusätzliche Plätze entstanden. Nach den Erfahrungen vor Jahren, müssten diese längst besetzt sein. Aber nein, es gibt, wie gesagt, 28.000 freie Kita-Plätze.

Doch wohin sind die Kinder hin? Die Anzahl der Mädchen und Jungen im kitafähigen Alter ist in Berlin zwischen den Jahren 2017 bis 2023 nur um ein Prozent gesunken, zitiert der Tagesspiegel aus einer Statistik. Diese zeigt aber noch ein ganz anderes Bild. Die meisten Kinder im Kita-Alter findet man am Stadtrand.

Laut der Statistik sank zwischen den Jahren 2017 und 2023 die Zahl der Null- bis Sechsjährigen in Friedrichshain-Kreuzberg um 10,5 Prozent, in Pankow um 11,9 Prozent, in Mitte um vier Prozent. Dagegen nahm die Zahl der Kinder im Kitaalter vor allem in den Randbezirken zu: In Treptow-Köpenick gab es einen Zuwachs von 11,9 Prozent, in Lichtenberg um 8,9 Prozent, in Spandau um 6,6 Prozent und in Marzahn-Hellersdorf um 6,3 Prozent.

Und damit haben wir die andere Seite der Kita-Medaille. Denn wer als Elternteil genauer im Internet nach freien Plätzen im Kita-Navigator schaut, wird dort weniger Kindertagesstätten aus den Randbezirken finden, die noch Kinder aufnehmen können. Die freien Kita-Plätze gibt es nicht überall gleichmäßig in der Hauptstadt.

Das hat auch Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) erkannt: „Es hilft keinem Kind aus Marzahn-Hellersdorf hilft, wenn in Rudow oder Buckow ein Kita-Platz frei ist.“ In manchen Kiezen Berlins gibt es für einen Kita-Platz doch noch Wartelisten – so wie früher.