Berliner Eltern haben ein massives Problem mit den Kitas, in denen sie ihrer Kinder schicken. Oft müssen Mütter und Väter ihrer Sprösslinge früher als geplant, weil einmal wieder der Kindergarten nur halbtags öffnet. Ein Problem vor allem für berufstätige Eltern. Der Grund, warum Kitas sich nicht mehr an den Öffnungszeiten halten: Personalnotstand! Denn Kita-Erzieher gehören zu der Berufsgruppe in Berlin, deren Beschäftigte am meisten krank sind. Sie liegen damit sogar über dem Bundesdurchschnitt.
Zu dem Ergebnis kam jetzt eine Studie der Bertelsmann Stiftung. Dabei wurden die Daten der Krankenkasse DAK ausgewertet. Das Ergebnis: Berliner, die in Kitas, Horten oder Kinderheimen arbeiten, waren im Jahr 2023 durchschnittlich fast 36 Tage (Vorjahr: 35,7) aus gesundheitlichen Gründen arbeitsunfähig. Der Durchschnittswert aller Berufsgruppen lag in Berlin bei rund 20 Tagen (2022: 20,4).
Auch der Krankenstand, also der Anteil der ärztlich attestierten Krankentage an den Soll-Arbeitstagen, fiel in dem Bereich mit 9,8 Prozent deutlich höher aus als der Mittelwert aller Berufsgruppen (5,6 Prozent). Sowohl bei der Zahl der Tage mit Arbeitsunfähigkeit als auch beim Krankenstand weist Berlin die höchsten Werte im Ländervergleich auf.

Gleich dahinter kommt Brandenburg. Auch die dortigen Kindergärten und Horte gehören laut der Studie bundesweit zu den Kinderbetreuungseinrichtungen mit den höchsten Krankenständen. Die Beschäftigten dort waren 2023 im Schnitt an 35 Tagen arbeitsunfähig gemeldet, gegenüber knapp 30 Tagen im Bundesschnitt.
Am häufigsten fielen Beschäftigte in Kitas oder Horten 2023 laut Studie aufgrund von Atemwegsinfektionen krankheitsbedingt aus. Auf Platz zwei folgen psychische Erkrankungen. Insbesondere die Arbeitsunfähigkeitstage infolge psychischer Erkrankungen seien in der Kinderbetreuung in den letzten Jahren stark angestiegen sowie deutlich höher als im Schnitt aller Berufsgruppen, hieß es.
Berliner Kita-Erzieher befinden sich in einem Teufelskreis
Nach Einschätzung der Bertelsmann-Stiftung stecken viele Einrichtungen in einem Teufelskreis: „Aufgrund der steigenden Krankenstände fallen immer mehr Fachkräfte aus, wodurch die Überlastung für die verbleibenden Beschäftigten weiter zunimmt“, erklärte die Expertin der Stiftung für frühkindliche Bildung, Anette Stein. „An gute frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung ist vielerorts gar nicht mehr zu denken.“ Die Stiftung forderte, pädagogische Fachkräfte zu entlasten und Ausfallzeiten durch qualifizierte Vertretungen aufzufangen.
Die Lage ist angespannt: Die Gewerkschaft Verdi fordert vom Senat seit langem einen neuen Tarifvertrag für die 282 Kitas ein, die im Eigentum des Landes Berlin sind und in denen etwa 7000 Erzieher über 35.000 Kinder betreuen. Hauptschwerpunkt der Forderungen ist die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Erzieher. Das Land Berlin als Arbeitgeber weigert sich jedoch.
Nach ständigen Warnstreiks droht nun ein Dauerstreik an den landeseigenen Kitas in Berlin. Die Urabstimmung dazu findet im September statt. Weil Erzieher an den kommunalen Kitas oft streiken, haben jetzt viele Eltern ihrer Kinder aus diesen Kindergärten genommen. Schon über 700 Verträge sollen gekündigt worden sein. ■