
Metzer Eck, Prenzlauer Berg. Warmes Licht. Ruhiger Blick. Seit 30 Folgen ist Stefanie Stappenbeck als Linett Wachow das Gesicht des „Starken Teams“ im ZDF. Zum Jubiläum anlässlich der 100. Folge sprach sie mit der Berliner Zeitung. Für den Berliner Kurier fassen wir das Gespräch zusammen. Das ganze Interview finden Sie hier.
Stappenbeck denkt über Angst und Zuversicht nach. Sie hört die Warnungen vor Krieg, Klima, KI – und hält mit einem nüchternen Befund dagegen: Es gebe genug Nahrung und Raum, nur die Verteilung misslinge. Hoffnung ziehe sie aus Reifung, Empathie, Zuwendung. Der Ton ist ruhig, nicht naiv.
Stefanie Stappenbeck: „Ich halte wenig von moralischen Keulen“
Wer legt fest, was gut ist? Ihre Antwort ist klar: „Das ist der wunde Punkt, denn Maßstäbe sind umkämpft und lassen sich nicht einfach von oben definieren. Ich halte wenig von moralischen Keulen und viel von ehrlicher innerer Arbeit: Therapie, Coaching, Selbstreflexion. Wenn Angst abnimmt, sinkt meist auch die Aggression, und in dem Maß, in dem wir weniger zerstörerische Energie aufbringen müssen, wird Kraft frei für das, was ansteht – für Klima und Bildung, für Pflege und überhaupt für gelingende Beziehungen. Veränderung beginnt im Kopf, aber ohne das Herz bleibt sie leer.“
Den wirksamsten Hebel sieht sie in der Kindheit: „Bei den Kindern, denn aus gesehenen, gut versorgten und geschützten Kindern erwächst Vertrauen in die Welt. Am Anfang sind Mütter oft näher dran, doch Väter sind in gleicher Weise wichtig, weil sie tragen, schützen und entlasten. Eine Familie ist ein Team, das nicht vom Konsum her denkt, sondern vom Menschen – und wenn dieser Blick gelingt, wirkt er weit über die Wohnungstür hinaus.“
Gegen den Pessimismus setzt sie Bindung. „Es gibt sicher schwere Ausnahmen, und manches ist tatsächlich auch biologisch begründet, aber viel häufiger sehe ich unaufgelöste Traumata und fehlende Bindung. Wird ein Kind zu früh von seinen Eltern oder Bezugspersonen getrennt, verliert es Halt, und aus dieser Leerstelle entstehen Angst, Kampf, Flucht oder Erstarren. Wo Bindung dagegen sicher und verlässlich ist, gehen Kinder friedlicher in die Welt – dafür gibt es gute Hinweise. Darum plädiere ich so dringend dafür, Bindung ganz früh zu stärken.“
Stefanie Stappenbeck spricht offen über Therapie-Erfahrungen
Therapie versteht sie körperlich. Gespräche, ja. Aber auch Aufstellungen: „Wenn man die Familie oder das Team im Raum aufstellt, beginnt etwas zu sprechen, das mit reiner Analyse schwer zu erreichen ist. Am Ende steht nicht selten ein einfacher, entlastender Satz – ich sehe dein Schicksal und lasse es bei dir – und in dem Moment, in dem er wirklich ankommt, wird vieles leichter, besonders dort, wo wir sonst unbewusst das Gepäck der Eltern weitertragen.“
Zu ihrer Jugend in der DDR sagt sie: „Ich bin in einem System groß geworden, das viel regelte, Grenzen setzte und starke Kontrolle ausübte – und das gleichzeitig einen Rahmen bot, in dem Wohnung, Arbeit und ärztliche Versorgung als sicher galten.“

Sie spricht offen über zwei klar gerahmte Erfahrungen. „Die erste war eine Ketamin-gestützte Sitzung in Deutschland, klinisch begleitet, sehr konzentriert, etwa 45 Minuten, ohne Musik – insgesamt zweimal.“ Später eine zweite Spur: eine begleitete Psilocybin-Erfahrung in den Niederlanden. Was blieb, fasst sie so: „Vor allem eine sanftere Grundhaltung mir selbst und anderen gegenüber: ein größeres Grundvertrauen in die Richtigkeit aller Geschehnisse. Auch ist mein Helfersyndrom leiser geworden; ich kann leichter loslassen, ohne gleichgültig zu werden, und ich handle entschiedener, ohne zu verglühen.“ Eine Empfehlung spricht sie nicht aus: „Nein, zumindest nicht pauschal. Substanzen bergen rechtliche und gesundheitliche Risiken, und wenn so etwas überhaupt infrage kommt, dann nur sehr bewusst, gut begleitet und aus triftigem Grund.“
Politisch ist sie wachsam. „Ja, diese Entwicklungen sehe ich weltweit mit Sorge, und doch weiß ich aus meiner Biografie, dass man Mensch bleiben und durch harte Zeiten gehen kann. Ich möchte hierbleiben und meinen Teil tun – im Beruf, im Freundeskreis, in meiner Stadt. In einer Diktatur möchte ich aber nicht leben; sollte sich dieses Land in eine solche Richtung bewegen, würde ich einen Ort suchen, der offener, gerechter und gemeinschaftlicher ist.“
Stefanie Stappenbeck verrät: Warum es so schwer ist, Nein zu sagen
Die innere Arbeit verändert ihren Beruf. „Ja, deutlich. Ich komme schneller zur Ruhe, bin rascher präsent und lasse Dinge dort, wo sie hingehören, statt sie automatisch zu mir zu ziehen. Diese Luft – für Spiel, Humor und Präzision – tut einem Ensemble spürbar gut, denn Vertrauen wächst, wo Gelassenheit spürbar ist.“ Früher sei es ihr oft schwergefallen, sich abzugrenzen und auch mal Nein zu sagen. Heute sei das anders, wie sie berichtet: „Für mich ist Mitgefühl keine Form der Selbstaufgabe, sondern eine klare Haltung: Ich kann trauern und trotzdem handeln, ich kann helfen und doch Grenzen setzen.“ Und ihr Ausblick bleibt schlicht: „Ich wünsche mir stille Kraft und viel Lachen, gute Projekte und Zeit mit den Menschen, die ich liebe – und eine Gesellschaft, die Kinder wirklich ernst nimmt. Wenn uns das gelingt, wird vieles leichter, ohne simpel zu werden.“