Polizei-Einsatz in Berlin-Wannsee: In der Nähe einer Schule wird seit Dienstagmorgen auf einem Grundstück nach einer Leiche gesucht. Eine Mordkommission, die Staatsanwaltschaft und das BKA ist mit besonderer Technik vor Ort. Der KURIER erfuhr: Die Ermittler suchen nach einem Mann aus Lichtenberg, der vor 20 Jahren spurlos verschwand.
Die beschauliche Alsenstraße in Berlin-Wannsee: Hier lebte einst der Droschkenkutscher Gustav Hartmann (1859-1938), besser als „Eiserner Gustav“ bekannt, der 1928 von dort aus mit einem Pferdegespann nach Paris fuhr, um gegen den Niedergang des Droschkengewerbes ein Zeichen zu setzen.

Im Umfeld ist eine Grundschule und nur ein paar Meter entfernt ein Haus, in dem am Dienstagmorgen nun die Polizei am Werk ist. Warum vier Einsatzwagen dort parken, drei Polizisten auf der Straßen stehen, ist anfangs noch nicht klar. „Seit 6.30 Uhr läuft der Einsatz“, heißt es nur. „Eine Mordkommission ermittelt.“ Und das ganze habe auch nichts mit der Schule zu tun.
In der Tat sieht man in dem Hinterhof des Hauses, wie Kriminaltechniker mit Fotoapparaten Bilder machen, Ermittler offenbar Zeugen vernehmen. Später werden Spürhunde eingesetzt.

Stutzig macht auch ein besonderes Fahrzeug der Kriminaltechnik, ein weißer Land-Rover, der in einer Nebenstraße parkt. Es ist ein Spezialermittlungsfahrzeug 3D-Scanner, das seit 2011 bei der Polizei Berlin im Einsatz ist.
Leichensuche im Vermisstenfall: Spezialscanner ist im Einsatz
Der Wagen kann ein bis zu vier Meter hohen Mast mit einem 3D-Scanner ausfahren. Dieses Gerät erfasst Tat- oder Unfallorte, die dann als Grafik am Computer dreidimensional dargestellt werden können. Dieser Wagen wird in diesem Fall auch dringend gebraucht. „Wir suchen auf dem Gelände nach einer möglichen Leiche in einem Vermisstenfall“, sagt ein Polizeisprecher dem KURIER.

Bei dem Vermissten handelt es sich um Alexander Luchterhandt, einem Mann, der in Journalistenkreisen immer nur Alex genannt wurde. Der Mann mit den langen lockigen Haaren und Goldkettchen, der in einem Hochhaus in Lichtenberg lebte und von dort aus den Polizeifunk abhörte, belieferte sämtliche Zeitungen und Fernsehsender in der Stadt mit Informationen über Kriminalfälle. Im Mai 2005 verschwand Alex spurlos.
Der Vermisstenfall gehört zu den spektakulärsten in den vergangenen Jahren. Seit langem geht die Polizei davon aus, dass Luchterhandt, damals 48 Jahre alt, nicht mehr lebt. Möglicherweise wurde er Opfer einer Bande aus dem Bereich der organisierten Kriminalität. Es gab Gerüchte, dass Luchterhandt Verbindungen zu Gruppen aus Osteuropa gehabt haben soll.

Nach dem rätselhaften Verschwinden von Luchterhandt gerieten fünf Verdächtige ins Visier der Ermittler. Zwei von ihnen kamen in Untersuchungshaft: ein damals 35-Jähriger für zwei Wochen im Juni 2005, ein 53-Jähriger für sieben Wochen bis August 2005, der 2017 starb. Die Verfahren gegen die Verdächtigen wurden bereits im August 2008 eingestellt, weil es keinen hinreichenden Tatverdacht gab. Sollte die Leiche von Luchterhandt gefunden werden, könnten die Männer wieder in den Blick der Ermittler geraten.
Leichensuche nach vermissten Reporter: Hinweis aus Bekanntenkreis
„Anfang Dezember erhielten wir einen zunächst anonymen Hinweis, dass seine Leiche auf einem leerstehenden Grundstück in Wannsee abgelegt wurde“, sagt Sebastian Büchner, Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, dem KURIER. Der Hinweis stammte offenbar aus dem Bekanntenkreis des Vermissten. soll an„Die Hinweise verdichteten sich, daher sind wir nun in Wannsee auf der Suche nach einer Leiche.“
Das Grundstück ist verwahrlost. Ein zweistöckiges Haus, das unbewohnt scheint. Keine Klingel, keine Namen. Anwohner berichten dem KURIER, dass hier im vergangenen Sommer irgendwelche Arbeiter mit einem weißen Transporter aufgetaucht seien. Die Fahrzeuge kamen laut den Kennzeichen aus Polen und aus der Ukraine.
Leichensuche nahe einer Schule: Keine Beweise gefunden
Auf dem Hof des Grundstückes befindet sich ein Gebäude aus Backstein, das einem alten Stall ähnelt. Die Türen schienen verschlossen zu sein. Davor liegt viel Müll. Autoreifen, ein Kühlschrank, Möbelreste, viel Kleinholz, ein Grill.
Wird etwas gefunden, stehen laut Staatsanwaltschaftssprecher Büchner umfangreiche Ermittlungen an. Im Fall eines Leichenfundes muss die Rechtsmedizin zunächst untersuchen, ob es sich dabei tatsächlich um den vermissten Luchterhandt handelt. Dann werde zu klären sein, ob es neue Ansatzpunkte gebe auf mögliche Täter, so Büchner. „Und lassen sich daraus dann mögliche Tathintergründe erkennen?“, sagt der Sprecher weiter.