Der Berliner Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar fordert nach Recherchen des Nachrichtenportals Business Insider eine hohe sechsstellige Summe Schadensersatz vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). In einem Schreiben an den Sender sei von allein 500.000 Euro Wiedergutmachung die Rede. Hinzu kämen entgangene Diäten als Bundestagsabgeordneter für die nächste Legislaturperiode, berichtet das Nachrichtenportal.
1, 7 Millionen will der Grünenpolitiker als Ausgleich für die Folgen der fehlerhaften Berichterstattung des Senders über ihn. Die Ansprüche auf Geldentschädigung und Schadensersatz würden in einem Schreiben des Anwalts des Berliner Politikers erhoben, das der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) erhalten habe, zitiert die Nachrichtenagentur epd den RBB-Sprecher Justus Demmer.
Schwere Fehler in der RBB-Berichterstattung
Der RBB hatte „schwerwiegende Fehler“ bei der Berichterstattung über Belästigungsvorwürfe gegen den Grünen-Politiker eingeräumt. So sei die Identität einer Zeugin nicht ausreichend überprüft worden, die für die Berichterstattung zentral gewesen sei. Große Teile der Berichterstattung, die sich auf eidesstattliche Versicherungen gestützt hatten, waren zurückgezogen worden. Gelbhaar sei durch die nicht ausreichend geprüften Veröffentlichungen Unrecht getan worden. Der RBB entschuldigte sich dafür.
Dem epd sagte Demmer, der Sender weise die Höhe der Summe als unangemessen zurück: „Anders als vielfach dargestellt, hatte Stefan Gelbhaar zum Zeitpunkt der monierten Berichterstattung bereits auf einen Platz auf der Landesliste der Grünen für den Bundestag verzichtet.“ Auch die Entscheidung zur erneuten Wahl eines Direktkandidaten der Grünen für den Berliner Wahlkreis Pankow sei „zeitlich vor die in die Kritik geratene Berichterstattung des RBB am 31. Dezember“ gefallen, sagte der Sprecher.
Gelbhaar hatte wegen der gegen ihn erhobenen Vorwürfe vor der Bundestagswahl seinen Platz auf der Landesliste und später auch noch seine Direktkandidatur für den Wahlkreis in Berlin-Pankow verloren. In seinem Schreiben an den RBB argumentiert er laut Business Insider, dass er allein schon über die Landesliste sicher in den Bundestag eingezogen wäre.
Beim RBB wird Gelbhaar-Affäre immer noch aufgearbeitet
Die Aufarbeitung der fehlerhaften Berichterstattung dauert indes an. Die dafür eingesetzte externe Kommission arbeite noch an ihrem Abschlussbericht, sagte der RBB-Rundfunkratsvorsitzende Oliver Bürgel am Mittwochabend in Potsdam. Der Abschlussbericht werde voraussichtlich in der ersten März-Woche vorliegen, bestätigte auch RBB-Intendantin Demmer in der letzten Sitzung des gegenwärtigen Rundfunkrates.
Bei mehreren Rundfunkratsmitgliedern stieß dies in der Sitzung auf heftige Kritik. Bemängelt wurde vor allem, dass sich der scheidende Rundfunkrat nicht mehr mit den möglichen Konsequenzen befassen konnte. Dem Politiker und auch dem Sender sei durch die fehlerhafte Berichterstattung ein massiver Schaden entstanden. Ursprünglich sollten die Ergebnisse bis Ende Februar vorliegen. Zu einzelnen Nachfragen im Rundfunkrat wurde die Öffentlichkeit von der Sitzung ausgeschlossen.
Personalabbau beim RBB
Mit den Vorwürfen gegen den RBB hatte sich ein interdisziplinär besetztes Team befasst. Auch der RBB-Rundfunkrat und der Programmausschuss hatten sich in Sondersitzungen mit möglichen Fehlern in der Berichterstattung und Konsequenzen beschäftigt.
Intendantin Demmer berichtete in der Rundfunkratssitzung auch über Folgen des geplanten Personalabbaus beim RBB. Dieser werde nicht unsichtbar im Programm bleiben, solle aber „programmschonend“ realisiert werden. Der RBB will die Kosten für Personal und Honorare um 10,2 Prozent oder 22 Millionen Euro kürzen. Das entspricht einem Volumen von 254 Vollzeitstellen in fester und freier Mitarbeit. ■